III. Exkurs: Die Antinationalen und der Liberale Imperialismus – reaktionäres Zerfallsprodukt der Intelligenzija in der Periode des Niedergangs des Kapitalismus

 

Die offene Unterstützung der Antinationalen für den permanenten Krieg des US-Imperialismus und seiner Verbündeten ist alles andere als ein Zufall. Sie ist vielmehr die logische Konsequenz der Lage, in der sich der linksliberale Teil der kleinbürgerlichen Intellektuellen – oft auch Intelligenzija genannt – unter den Bedingungen der veränderten weltpolitischen Situation befindet. Will man den politischen Klassencharakter der Antinationalen genauer verstehen, darf man nicht damit beginnen, was diese über sich selber denken. Ihre oft wechselnde und widersprüchlichen Rechtfertigungsideologien müssen als solche verstanden werden, als vernebelnde Worthülsen, die mit pseudo-marxistischen Vokabular vom tatsächlichen Klassenstandpunkt – nämlich auf der Seite der herrschenden Klasse – ablenken soll. Eine Analyse der Antinationalen, die mit ihrer Ideologie beginnt, ist in etwa so sinnvoll, wie eine Klassenanalyse der katholischen Kirche, die bei deren Interpretation der Bibel ansetzt. Zurecht riet schon Karl Marx, daß man ein Individuum nicht „nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt“.

 

Wir sollten daher den Fehler vieler linker Kritiker der Antinationalen nicht wiederholen, die die Antinationalen auf eine idealistische – also von ihren Ideen ausgehende – Weise zu begreifen versuchen. Schon Marx schrieb in seinem berühmten Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie: „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt.“ (14) Als MarxistInnen arbeiten wir mit der Methode des dialektischen Materialismus und betrachten daher die Ideen der Antinationalen im Zusammenhang mit den materiellen, gesellschaftlichen Veränderungen, den damit verbundenen Widersprüchen und der Lage der Antinationalen darin. Die marxistische Analyse der Antinationalen muß daher mit den Veränderungen der kapitalistischen Gesellschaft und ihren Folgen für die Intelligenzija beginnen. Der Kapitalismus ist ein umfassendes, gesellschaftliches System, welches aus einer Reihe miteinander verzahnter Ebenen besteht. Ihr Fundament ist die Wirtschaft - der kapitalistische Produktions- und Reproduktionsprozeß. Darauf erheben sich der politische Überbau (Staatsapparat usw.), die Ideologien, die Kultur usw. Während die wirtschaftliche Basis einen letztlich bestimmenden Einfluß ausübt, so wäre es eine einseitige Verkürzung, die relative Eigenständigkeit der unterschiedlichen Ebenen der gesellschaftlichen Totalität und ihre wechselseitige Beeinflussung zu ignorieren. (15)

 

In diesem Geflecht der kapitalistischen Gesellschaft bilden sich unterschiedliche Klassen, die sich durch ihre Stellung im Produktions- und Reproduktionsprozeß auszeichnen. Neben den beiden Hauptklassen – die Bourgeoisie (den Besitzern der Produktionsmittel) und das Proletariat (die keine Produktionsmittel besitzen und daher ihre Arbeitskraft an die Bourgeoisie verkaufen müssen) – existieren in der kapitalistischen Gesellschaft noch verschiedene andere Klassen und Schichten. (Kleinbürgertum, Mittelschicht usw.)

 

Eine besondere Rolle im Kapitalismus fällt dabei der Schicht der Intellektuellen zu. Die Intelligenz wiederum unterteilt sich in verschiedene Sektoren (kapitalistischer Forschungsbereich, Verwaltung des Staatsapparates, Ideologieproduktion...). Der uns hier interessierende Teil ist jener der geisteswissenschaftlichen, ideologieproduzierenden und –reproduzierenden Intelligenz. Ihre Rolle besteht im wesentlichen darin, die bürgerliche Ordnung zu rechtfertigen, wobei dies kritische Stellungnahmen zu einzelnen Phänomenen des Kapitalismus keineswegs ausschließt. Natürlich gibt es immer wieder individuelle Intellektuelle, die mit dem kapitalistischen Herrschaftssystem brechen, allerdings hält sich die Anzahl solcher Intellektueller alleine schon deshalb in Grenzen, weil Intellektuelle in der Regel von Beschäftigungsverhältnissen im bürgerlichen Staatsapparat bzw. kapitalistischen Konzernen (Medienunternehmen usw.) finanziell abhängig sind. (16) Diese Intellektuellen bilden im wesentlichen eine Zwischenschicht, die keine eigenständige Klassenposition einnimmt (sie steht in keinem klaren Verhältnis zu den Produktionsmitteln), sondern eine vermittelnde Rolle besitzt. Aus diesem Grund sprechen wir auch oft von der kleinbürgerlichen Intelligenzija.

 

Diese Vermittlerrolle der ideologieproduzierenden Intelligenzija in der bürgerlichen Gesellschaft ist natürlich kein einseitiger Prozeß – im dem Sinne, daß sie bloß bestimmte Ideologien produziert und in die Gesellschaft hineinträgt. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein wechselseitiges, dialektisches Verhältnis, ist die Intelligenzija doch auch den gesellschaftlichen Widersprüchen und Entwicklungen ausgesetzt. Diese Widersprüche spiegeln sich daher auch in den verschiedenen, unterschiedlichen ideologischen Strömungen wieder. Uns interessiert hier die fortschrittliche Fraktion der Intelligenzija – also jene, die verschiedene Auswirkungen des Kapitalismus kritisieren und nach Auswegen suchen. Im großen und ganzen herrscht unter den fortschrittlichen Intellektuellen die Ideologie des Reformismus vor – also der Glaube an die Möglichkeit der schrittweisen, durch mehr oder minder weitgehende Reformen, erzwungene Veränderung des Kapitalismus. Aber von den berühmten, die Regel bestätigenden, Ausnahmen abgesehen, sind diese Intellektuellen nicht bereit, an die Wurzel der kapitalistischen Misere zu gehen und mit der bürgerlichen Herrschaftsordnung voll und ganz zu brechen.

 

Nichtsdestotrotz führen politische und gesellschaftliche Veränderungen im Kräfteverhältnis zwischen den Klassen auch zu Veränderungen innerhalb der Intelligenzija und ihrer ideologischen Ausdrucksformen. Dies konnten wir im besonderen in den letzten Jahren deutlich sehen. Der Beginn einer neuen weltpolitischen Periode um die Jahrhundertwende – Krise der kapitalistischen Globalisierung, militaristische und neoliberale Offensive der herrschenden Klasse, scharfe Klassenkämpfe (z.B. in Lateinamerika) und neue soziale Bewegungen als Reaktion darauf – markiert einen scharfen Einschnitt auch auf der Ebene der Ideologie in der bürgerlichen Gesellschaft. Der Aufschwung des Klassenkampfes des Proletariats und der Jugend findet seinen Widerhall auch unter den kleinbürgerlichen Intellektuellen. Die zahlreichen kritischen Publikationen über den globalen Kapitalismus und auch das Engagement verschiedenen Intellektueller innerhalb der Antiglobalisierungsbewegung in den vergangene Jahren legen davon eindeutig Zeugnis ab.

 

Aber dies ist nur die eine Seite der Medaille. Rücken verschiedene Sektoren der Intellektuellen – wenn auch im Rahmen des Reformismus verbleibend – nach links, so marschierten andere schnurstracks und immer rasanter nach rechts. Bekannte Beispiele dafür sind sowohl das Aufkommen der neokonservativen Ideologen in den USA aber auch in Italien (z.B. Orianna Fallaci). Damit sind wir auch schon bei den Antinationalen angelangt, die einen Teil der ehemaligen fortschrittlichen kleinbürgerlichen Intelligenzija in Deutschland und Österreich darstellen, die unter dem Druck der sich verschärfenden Klassengegensätze vollständig in das imperialistische Lager umgekippt sind.

 

Müßte man die weltpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre in nur ein, zwei Worten zusammenfassen, so wären diese wohl „Instabilität“ und „Unsicherheit“. Die Kriege, Bombenanschläge, Umweltkatastrophen, Aufstände und Gewaltausbrüche, Streiks und Demonstrationen – all das macht den weiteren Entwicklungsgang der bürgerlichen Gesellschaft zunehmend unbestimmbarer.

 

Die Antinationalen repräsentieren jenen ehemaligen Teil der fortschrittlichen Intelligenzija im deutschsprachigen Raum, der mit Schaudern auf die Schärfe und der Gewaltsamkeit der Klassengegensätze und des Klassenkampfaufschwungs reagiert. (militante Demonstrationen und Streiks, Straßenschlachten a la Genua 2001, Kriege und nationale Befreiungskämpfe wie in Irak und Palästina etc.) Es ist ja bekannt, daß der Großteil der Antinationalen ehemalige Linke sind, und auch unser Herr Pfeifer ist einer dieser Ex-Kommunisten, die einst den Anschluß an die KPÖ suchten. (17)

 

Angesichts dieser Verschärfung der politischen und gesellschaftlichen Widersprüche klammern sie sich verzweifelt an die liberalistische Demokratie fest – also jener Demokratie, die sich auf verschiedene formale Rechte wie die Redefreiheit u.ä. beschränkt, jedoch auf der Grundlage des Kapitalismus und daher der sozialen Ausbeutung und Ungleichheit existiert. Sie klammern sich deswegen an die bürgerliche Demokratie, weil diese ihnen die größten Möglichkeiten bietet, zu unterrichten und publizieren, also ihre jeweiligen Ideologieprodukte auf den Markt zu werfen und somit Geld zu verdienen. Sie werfen sich daher jener Klasse in die Arme, die ihre Rechte – oder sagen wir besser – ihre Privilegien und ihr gesamtes Wertesystem am entschlossensten zu verteidigen scheint: die aggressivste Fraktion der imperialistischen herrschenden Klasse, allen voran die USA und Israel.

 

Diese antinationale Vergötterung der bürgerlichen Demokratie und ihrer Werte – oft als „Moderne“ und „Errungenschaften der Aufklärung“ verklärt – ist durch und durch reaktionär. In Wirklichkeit ist die bürgerliche Demokratie nichts als eine Fassade der kapitalistischen Herrschaft. Wladimir Illich Lenin, der Gründer des Bolschewismus und Führers der russischen Oktoberrevolution 1917, faßte das Wesen der kapitalistischen Demokratie treffend zusammen:

 

„In der demokratischen Republik, fährt Engels fort, ‚übt der Reichtum seine Macht indirekt, aber um so sicherer aus’, und zwar erstens durch seine „direkte Beamtenkorruption“ (Amerika) und zweitens durch die ‚Allianz von Regierung und Börse’ (Frankreich und Amerika).

 

Heute haben Imperialismus und Herrschaft der Banken diese beiden Methoden, die Allmacht des Reichtums in jeder beliebigen demokratischen Republik zu behaupten und auszuüben, zu einer außergewöhnlichen Kunst ‚entwickelt’.

 

(...) Die demokratische Republik ist die denkbar beste politische Hülle des Kapitalismus, und daher begründet das Kapital, nachdem es (...) von dieser besten Hülle Besitz ergriffen hat, seine Macht derart zuverlässig, derart sicher, daß kein Wechsel, weder der Personen noch der Institutionen noch der Parteien der bürgerlich-demokratischen Republik, diese Macht erschüttern kann.“ (18)

 

Leo Trotzki wies darauf hin, daß die bürgerliche Demokratie die aristokratischste aller kapitalistischen Herrschaftsformen sei, weil sie nur auf der Grundlage der reichen Metropolengesellschaft möglich ist, welche wiederum auf der imperialistischen Ausbeutung der (halb)kolonialen Welt basiert. (19) In der Tat, die imperialistische Demokratie wäre unmöglich ohne die monströse Ausbeutung der halb-kolonialen Welt. So fand beispielsweise im Zeitraum 1994-2002 einen Netto-Abfluß von zusammengerechnet 560 Milliarden US-Dollar von den halb-kolonialen Ländern in Richtung imperialistische Zentren statt. (20) Die israelische Demokratie, mit der sich die Zionisten so gerne brüsten und verächtlich auf die autoritären Regimes der arabischen Welt hinweisen würde nicht existieren, wäre Israel nicht seit Jahrzehnten jener Staat, der die mit Abstand höchste Auslandshilfe der USA bezieht.

 

Auf philosophischer Ebene betrachtet ist die antinationale, völkische Herangehensweise nichts anderes als ein Abgleiten in den Irrationalismus. Vom marxistischen Standpunkt aus betrachtet repräsentieren die Antinationalen eine idealistische Schule, die mit jeder Form des materialistischen, klassenbezogenen, historischen Denkens gebrochen hat. Daran ändert auch nichts der bis in die Peinlichkeit gehende übermäßige Gebrauchs von Fremdworten und sozialkritischen Phrasen, mit denen die Antinationalen so gerne um sich werfen, um die inhaltliche Leere durch bis in gedankliche Verrenkungen gehende Worthülsen zu verbergen. (21)

 

Die tatsächliche geschichtliche Bewegung erklären die Antinationalen nicht aus den gegebenen, materiellen Widersprüchen der Gesellschaft, sondern aus den dämonischen Wirkungskräften verschiedener Ideen („Moral der Vernichtung“, „Wahn des Antisemitismus“, dem „Wesen der deutschen Volksgemeinschaft“ usw.). Auf diese idealistischen Eskapaden treffen Marx kritische Bemerkungen zu Hegels Philosophie vollauf zu:

 

„Der wirkliche Mensch und die wirkliche Natur werden bloß zu Prädikaten, zu Symbolen dieses verborgnen unwirklichen Menschen und diesen unwirklichen Natur. Subjekt und Prädikat haben daher das Verhältnis einen absoluten Verkehrung zueinander, mystisches Subjekt-Objekt oder über das Objekt übergreifende Subjektivität, das absolute Subjekt als ein Prozeß, als sich entäußerndes und aus der Entäußerung in sich zurückkehrendes, aber sie zugleich in sich zurücknehmendes Subjekt und das Subjekt als dieser Prozeß; das reine, rastlose Kreisen in sich.“ (22)

 

Die Antinationalen lehnen die marxistische Herangehensweise ab, die auf die Totalität, also die Gesamtheit der gesellschaftlichen Widersprüche abzielet – das heißt eine Analyse, die von der Spaltung der Gesellschaft in Klassen mit gegensätzlichen Interessen und der Einordnung des Staates sowie des gesamten Überbau in dieses Widerspruchsgeflecht sowie den sich daraus ergebenden wechselhaften Veränderungen ausgeht. Statt dessen teilen die Antinationalen die Welt in zivilisierte („die eine Epoche der Aufklärung durchlaufen haben“) und unzivilisierte Nationen bzw. Staaten ein. Den zivilisierten, auch „antifaschistisch“ genannten, Staaten – vorzugsweise den USA und Israel – kommt dabei die Aufgabe zu, den unzivilisierten Völkern mit Zwang, Umerziehung und wenn notwendig Gewaltmitteln die (angeblichen) Werte der Aufklärung beizubringen. Daraus wird auch leicht ersichtlich, warum die politische Unterstützung der Antinationalen für den US-imperialistischen Kreuzzugs seit 2001 und die israelische Kolonialpolitik sich auch politisch-ideologisch in einer Nähe zu den neokonservativen Ideologen in den USA (wie z.B. Leo Strauss oder William Kristol) niederschlägt. (23)

 

Historisch betrachtet verkörpert die Ideologie der Antinationalen die Fortsetzung des Liberalen Imperialismus in Großbritannien im späten 19. Jahrhundert. Der Liberale Imperialismus des späten britischen Empire zeichnete durch die Rechtfertigung des Kolonialismus mit der zivilisatorischen Überlegenheit der europäischen Völker aus und nannte als seine Zielsetzung die Vermittlung der Werte der Aufklärung an die rückständigen Völker der III. Welt. An seiner Spitze standen oft ehemalige, für die damalige Zeit fortschrittliche, Radikale wie Joseph Chamberlain oder David Lloyd-George, die sich vor dem Hintergrund der aufkommenden imperialistischen Epoche und dem drohenden Niedergang des britischen Empires dem aggressiven Militarismus und Kolonialprogramm der herrschenden Klasse in die Arme warfen. Eine ähnliche Entwicklung sehen wir heute in Form der Krise der imperialistischen Weltordnung und es ist daher auch kein Zufall, daß ein ganzer Sektor der linken kleinbürgerlichen Intelligenzija vor dem Hintergrund der jüngsten weltpolitischen Umbrüche vollständig ins Lager des Imperialismus umgekippt ist.

 

In diesem Sinne ist es auch unzureichend, von den Antinationalen als ein bloßes Phänomen des deutschsprachigen Raums zu sehen, auch wenn wir keineswegs einige Besonderheiten leugnen wollen. (u.a. ihre oftmalige politische Herkunft aus dem Bereich der mao-stalinistischen Sekten, die gekünstelten Bemäntelung ihrer Positionen mit pseudo-marxistischen Phrasen usw.) Aber in ihrem Kern reihen sich die Antinationalen in ein breiteres, internationales Phänomen ein. (24) In verschiedenen imperialistischen Ländern gibt es Intellektuelle, die sich den Schlagworten der bürgerlichen Moderne und Aufklärung gegen die Religion, der weltweiten Durchsetzung der liberalen Demokratie, des Kampfes gegen soziale Revolte und Antiimperialismus, der bedingungslosen Solidarität mit dem zionistischen Staat Israel und der Befürwortung des imperialistischen „Krieg gegen den Terror“ verschrieben haben. Sie verbinden also ein missionarisches Bekenntnis zur liberalen Demokratie mit einen rabiaten Unterstützung des imperialistischen Leviathan-Staates und seiner repressiven, militaristischen Politik gegen alle Formen der politischen und sozialen Revolte. (25)  Stellvertretend für diese Schicht liberal-imperialistischer Intellektueller seien genannt: der israelische Philosoph und Politiker Natan Sharansky – Autor eines der wenigen Bücher, das der amerikanische Präsident Bush behauptet, gelesen zu haben („The Case for Democracy: The Power of Freedom to Overcome Tyranny & Terror“) -, Alain Finkielkraut (Frankreich), die britischen Historiker Peter Johnson und Niall Ferguson sowie der Blair-Berater Robert Cooper und die US-amerikanische Intellektuellenriege wie Francis Fukuyama und die verschiedenen neokonservativen Ideologen wie Max Boot, William Kristol and Robert Kagan. Sie alle liefern die intellektuelle Munition für Bush’s sogenannte „globale demokratische Revolution“ – der ideologischen Rechtfertigung des US-imperialistischen Griffs nach der Weltherrschaft.

 

 

Die bürgerliche und die marxistische Erklärung des Antisemitismus

 

Als ein Beispiel für den reaktionären Geist des Irrationalismus bei den Liberalen Imperialisten, auf dessen Basis dem Imperialismus und seiner Statthalter eine historisch fortschrittliche Rolle zugesprochen wird, wollen wir kurz aus einem aktuellen Artikel von Peter Johnson zitieren. In diesem definiert er Antisemitismus folgendermaßen: „Wir meinen aber, er (der Antisemitismus, d.A.) sei so singulär, daß er in eine gänzlich andere Kategorie (als der Rassismus, d.A.) eingereiht werden muß. Wir würden ihn als eine äußerst ansteckende und extrem destruktive Krankheit des Intellekts, als eine Geisteskrankheit bezeichnen. Es handelt sich um eine Erkrankung des Geistes, die einzelne Menschen ebenso wie ganze Völkerschaften befallen kann. Genetiker und Experte in Nachbardisziplinen mögen einwenden, daß unsere Beobachtungen wissenschaftlich nicht haltbar wären. Wir entgegnen mit der simplen Frage, ob es überhaupt möglich sei, auf diesem Gebiet wissenschaftliche Bewertungen zu treffen?“ (26)

 

Bei soviel ansteckender Geisteskrankheit, die auch noch bewußt auf jegliche wissenschaftliche Erklärung verzichtet, bleibt nicht viel mehr über als dem marxistischen Theoretiker Karl Kautsky zuzustimmen: „Noch mystischer aber ist die Auffassung des liberalen Philosemitismus, die im Judenhaß nur das Produkt eines Völkerwahnsinns sieht.“ (27)

 

In Wirklichkeit ist der Antisemitismus eine Variante des Rassismus. Er richtet sich gegen die Juden als solche und unterstellt ihnen besondere Eigenschaften mit ewiger Gültigkeit: ihr Aussehen, ihre Kultur, ihre Hinterlist und ihre Geldgier. Dies ist ein reaktionäres, völlig ahistorisches Konstrukt, das weder die Rolle der jüdischen Händler und Wucherer in der Geschichte begreift noch die Rolle von jüdischem Kapital und den jüdischen Teilen der ArbeiterInnenklasse heute im Staate Israel. Der Aufstieg von Rassismus wie Antisemitismus ist nicht in “völkischen” oder nationalen Kategorien zu verstehen. Vielmehr führte die wirtschaftliche Krise zu Härten und Existenzängsten bei Kleinbürgertum und ArbeiterInnenklasse. Dies ist der Nährboden für die zersetzende und entsolidarisierende Saat des Rassismus, dessen gräßlichste Fratze sich im Nationalsozialismus zeigte – eine für das Großkapital höchst profitable, für die ArbeiterInnenklasse jedoch vernichtende Form des Kapitalismus. (28)

 

Abraham Leon brachte die widersprüchlichen Elemente der antisemitischen Variante des Rassismus folgendermaßen auf den Punkt: (29)

 

„Historisch gesehen bedeutet der Erfolg des Rassismus, daß es dem Kapitalismus gelungen ist, daß antikapitalistische Bewußtsein der Massen auf eine dem Kapitalismus vorangehende, nur noch fragmentarisch erhaltene Gesellschaftsform abzulenken. Diese fragmentarischen Überreste genügten jedoch, um dem Mythos den Anschein von Realität zu verleihen.

 

Man sieht, daß der Rassismus aus sehr heterogenen Elementen zusammengesetzt ist. Er spiegelt den Expansionswillen des Großkapitals wieder. Er drückt den Haß des Kleinbürgertums gegen die ‚fremden’ Elemente auf dem inländischen Markt ebenso aus wie seine antikapitalistischen Tendenzen.

 

(... ) Der Rassismus dient gerade dazu, alle Klassen in dem Schmelztiegel einer Rassengemeinschaft aufgehen zu lassen. Der Rassenmythos bemüht sich, als einheitliches Ganzes - mit nur sehr vagen Beziehungen zu seinen sehr verschiedenen Quellen - zu erscheinen. Er versucht, seine verschiedenen Elemente in perfekter Manier zu vereinen.

 

So muß z.B. der nach außen gerichtete Rassismus als ideologischer Deckmantel für den Imperialismus keineswegs schon per se einen antisemitischen Charakter haben. Aber aufgrund der Notwendigkeit einer Verschmelzungsideologie bedient er sich in der Regel dieser Erscheinungsform. Die antikapitalistische Tendenz der Massen, zunächst gegen das Judentum gelenkt, bezieht sich sehr bald auch auf den äußeren Feind, der mit dem Judentum identifiziert wird. Die ‚germanische Rasse' muß gegen den Juden, ihren Hauptfeind, in allen seinen Verkleidungen kämpfen: der des Bolschewismus und Liberalismus im Innern, der der angelsächsischen Plutokratie und der des russischen Bolschewismus.

 

Hitler schreibt in 'Mein Kampf', daß man die verschiedenen Feinde unter einem gemeinsamen Aspekt zeigen müsse, da sonst die Gefahr bestehe, daß die Massen zuviel über die bestehenden Unterschiede nachdenken würden. Der Rassismus ist also keine Doktrin, sondern ein Mythos. Er fordert Glauben und fürchtet die Überlegung wie das Feuer. Der Antisemitismus ist am besten geeignet, die verschiedenen Elemente des Rassismus zu untermauern." (30)

 

Der Antisemitismus dient also den Interessen der herrschenden Klasse und der reaktionärsten Kräfte. Er kann insoferne auf fruchtbaren Boden fallen, da in den unterdrückten Klassen vor allem in Perioden der um sich greifenden wirtschaftlichen und sozialen Krise der Haß gegen die vermeintlich Schuldigen aufkommt. Kautsky wies darauf hin, daß die Voraussetzung für die Überwindung des Antisemitismus darin besteht, daß „aus dem primitiven, gedankenlos in den überkommenen Formen fühlenden Menschen ein denkender Revolutionär wird. Das revolutionäre Denken macht tolerant gegenüber dem Fremden, der kein Feind ist, und nur eine Aufklärung, die imstande ist, ein revolutionäres Denken in den Volksmassen zu entzünden, ist imstande, in dieser den Antisemitismus zu überwinden...“ (31)

 

Der Kampf gegen den Antisemitismus setzt also die Mobilisierung und Organisierung der ArbeiterInnenklasse und der Unterdrückten im Kampf gegen die wahren Schuldigen an der kapitalistischen Misere – der herrschenden Klasse – und das Hineintragen eines sozialistischen Bewußtseins durch die revolutionäre Partei voraus.

 

 

Antizionismus als versteckter Antisemitismus?

 

Ebenso wie die Antinationalen behaupten auch die anderen Vertreter des Liberalen Imperialismus, daß der Antizionismus – also die grundsätzliche Kritik am Staat Israel – nur eine Variante des Antisemitismus sei und in Wirklichkeit mit einer Feindschaft gegen die Juden gleichzusetzen sei. (32) Diese Behauptung beruht einzig und alleine auf ihrer Zustimmung zu der Eigendefinition des Staates Israel, daß er der Vertreter aller Juden weltweit sei. Daher wären die Antizionisten gegen „die Juden“, wenn sie den Staat Israel ablehnen.

 

Diese zionistische Behauptung läßt sich natürlich nur solange aufrechterhalten, solange man folgende historische Tatsachen ignoriert,

 

* daß der Zionismus nur eine von mehreren politisch-ideologischen Strömungen im Judentum darstellt – noch dazu vor 1945 eine klare Minderheitengruppe – und daher keinen Monopolanspruch für das Judentum besitzt;

 

* daß viele Juden – darunter auch solche, die in Israel leben – den Zionismus ablehnen;

 

* daß der demokratische und sozialistische Antizionismus für eine Überwindung des Staates Israel eintritt, da nur dies ein friedliches Zusammenleben der Juden und Araber ermöglicht.

 

Die Antinationalen und Liberal-Imperialisten haben es sich zu einem besonderen Anliegen gemacht, den demokratischen und sozialistischen Antizionisten einen versteckten – oder wie sie es ausdrücken – „sekundären Antisemitismus“ zu unterstellen, der sich angeblich sogar auf die gesamte marxistische ArbeiterInnenbewegung seit Marx erstreckt. (33) Der sogenannte sekundäre Antisemitismus ist nichts weiter als eine ideologische Waffe gegen die Israel-Kritiker.

 

 

Weitere Merkmale der Antinationalen und des Liberalen Imperialismus

 

Der reaktionäre Gehalt der Liberalen Imperialisten beschränkt sich jedoch keineswegs auf die Kolonialkriege der USA und Israels, sondern ist ein umfassendes Konzept. Aktuelles Beispiel dafür sind die Jugendaufstände in Frankreich. Während viele die soziale und rassistische Diskriminierung als Ursache der v.a. von den Immigrantenjugendlichen getragenen gewaltsamen Proteste erkannten, unterstützen die Liberalen Imperialisten die Haltung der rechts-konservativen Regierung und Innenminister Sarkozy. Alain Finkielkraut zog sich zuletzt den berechtigten Haß Vieler zu, als er – unter dem Jubel der rechtsradikalen Le Pen-Anhänger – die Jugendunruhen als „gigantisches antirepublikanisches Progrom“ denunzierte und die Jugendlichen zum Verlassen des Landes aufforderte. (34) Es überrascht nicht, daß die antinationalen Zionisten der website juedische.at sich vorbehaltlos mit Finkielkraut und seinem Standpunkt solidarisieren und einen offen reaktionäre, rassistische Haltung einnehmen: „Die Muslime wollen in den Stadtteilen unter sich bleiben, im rechtsfreien Raum eine eigene Gesellschaftsordnung pflegen, ihre Banden befehligen, ihren Drogenhandel führen und ihre Frauen und Mädchen unterdrücken. Polizei können sie dabei nicht gebrauchen. Wenn die in ihre Domäne eintritt, ‚provoziert’ sie.“ (35)

 

Die Verabsolutierung bürgerlich-demokratischer Rechte durch die Antinationalen hat also keinen fortschrittlichen Gehalt. Denn sie geht Hand in Hand mit der Befürwortung der imperialistischen Kolonialpolitik, der Befürwortung staatlicher Repression gegen Minderheiten und unterdrückte Gruppen und einer Verachtung für die ArbeiterInnenklasse. Die Antinationalen verkörpern mehr als die restliche kleinbürgerliche Linke die tiefe Kluft zwischen der Intelligenzija und dem Proletariat. Dementsprechend blicken die antinationalen Intellektuellen mit Verachtung auf die „ungebildete“ Volksgemeinschaft, deren Interessen, Stimmungen und Emotionen ihnen zutiefst suspekt, um nicht zuwider zu sagen, sind. Die Interessen der Volksmassen aufgreifen, an ihrem Bewußtsein ansetzen – das alles erscheint den Antinationalen als potentiell rassistischer Populismus. Die ImmigrantInnen im allgemeinen und die Moslems im besonderen – abgesehen von jener kleinen Elite weitgehend assimilierter Intellektueller – sind für die Antinationalen der Pöbel zum Quadrat. Jene kleine Insel von kritischen Intellektuellen und aufgeklärten Kleinbürgern innerhalb dieser reaktionären Volksgemeinschaft nennen die Antinationalen dann „Zivilgesellschaft“. (36) In Wirklichkeit ist diese Zivilgesellschaft nicht mehr als der akademisch-linksliberale Stammtisch – nur eben gesellschaftlich unbedeutender als jener Stammtisch, über den sich die linksliberale Schickeria so gerne mokiert.

 

Diese Sichtweise wurde durch den 11. September massiv bestärkt. In der einen oder anderen Form übt die tagtägliche imperialistische Propaganda einen wichtigen (und ich fürchte auf die Dauer wachsenden) Einfluß aus: die permanente bürgerliche Panikmache vor den „islamischen Terroristen“ erzeugt eine tiefsitzende Angst bei diesen Leuten vor „dem Barbarischen“, vor jenen, die ihre Zivilisation (sprich die gutbezahlten Posten und die Friedlichkeit der alternativen Beislszene Wiens) gefährden. Dagegen muß man sich doch verteidigen und wer kann das wohl effektiver als die gutbewaffnete US- Militärmaschiniere?!

 

Der zionistische Staat Israel spielt in dieser kleinbürgerlichen Urangst vor dem Barbarischen eine wichtige Symbolfunktion. Israel symbolisiert für die Antinationalen den Hort der zivilisierten Zivilgesellschaft in einem Meer primitiver Horden barbarischer Moslems. (37)

 

Die Antinationalen identifizieren sich mit der liberalistischen Demokratie der kapitalistischen Klasse, stehen der globalen ArbeiterInnenklasse und den Armen mit Verachtung gegenüber und werfen sich den aggressivsten Teilen der imperialistischen Bourgeoisie in die Arme. Ihre Ideologie reduziert sich auf einen intellektuell aufgeblasenen, im Kern jedoch ordinären bürgerlichen Liberalismus.

 

Es ist also wichtig, die Antinationalen nicht als ein Einzelphänomen irgendwelcher durchgeknallter Ex-Linker zu verstehen, sondern als ein gesellschaftliches Phänomen. Sie bilden einen Bestandteil des ideologischen Herrschaftsapparates der Bourgeoisie, mit dem sie oft auch direkt und materiell verwoben sind. Ein kurzer Blick auf die geisteswissenschaftlichen Institute der Universität Wien zeigt, welche Positionen sich die Antinationalen bereits erworben haben (z.B. Studienrichtungsvertretung und diverses Lehrpersonal am Institut für Politikwissenschaft). Aber die Verbindungsschienen zur Bourgeoisie verlaufen oft auch direkter. In Deutschland publizieren z.B. antinationale Intellektuelle wie Thomas von der Osten-Sacken im konservativen Haus- und Hoforgans des deutschen Springer-Konzern „Die Welt“. Und die österreichischen Ableger der WADI-Gruppe – darunter auch Mary Kreutzer und Thomas Schmidinger – arbeiten im Irak im Auftrag des österreichischen Außenministeriums. (Also das Außenministerium der schwarz-blauen Regierung, die die Antinationalen noch vor wenigen Jahren als Ausdruck des ungebrochenen Faschismus in der deutsch-österreichischen Volksgemeinschaft sahen!)

 

Worin besteht nun die objektive Funktion der antinationalen Intellektuellen für die herrschende Klasse? Ganz einfach darin, Teile der kritischen StudentInnen und Jugendlichen für pro-imperialistische Positionen zu gewinnen und ein breiteres Spektrum im fortschrittlichen Lager zu verwirren. Auf den ersten Blick scheinen die Antinationalen nicht viel Erfolg dabei zu haben. Bei den von ihnen organisierten Kundgebungen kommen maximal ein paar Dutzend Leute. Aber auch wenn ihr Einfluß in Bezug auf die Zahl ihrer überzeugten Anhänger gering ist, so darf man ihn bezüglich ihres ideologischen Einflusses innerhalb der kleinbürgerlichen Linken und sogar auch der offiziellen reformistischen Organisationen nicht unterschätzen. In den Führungsetagen der KPÖ, der Sozialistischen Jugend, des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), des Vereins ZARA usw. üben ihre Positionen einen beträchtlichen Einfluß aus. Dies wiederum verwirrt viele AktivistInnen und übt einen beträchtlichen Druck auf andere Linke aus, die von den Antinationalen nicht mit dem Bannstrahl des „Antisemitismus“ belegt werden wollen.

 

Letztlich stellen die Antinationalen eines der zahlreichen Verfallsprodukte der imperialistischen Epoche dar, die vom ökonomischen, politischen und geistigen Niedergang des Kapitalismus gekennzeichnet ist. Sie sind Ausdruck der Zersetzungsprozesses der kleinbürgerlichen Intelligenzija, die ihre Vermittlerposition zwischen den gesellschaftlichen Hauptklassen – der herrschenden Klasse und dem Proletariat – vor dem Hintergrund der wachsenden Klassengegensätze immer weniger aufrechterhalten kann und die sich daher umso entschlossener den aggressivsten Fraktionen der imperialistischen Bourgeoisie in die Arme wirft. Deswegen unterstützen sie bedingungslos den imperialistischen Kreuzzug im Nahen Osten und den israelischen Kolonialismus. Deswegen dämonisieren sie die Moslems und verleumden die antiimperialistische Linke. Deswegen schreiben und arbeiten sie für den imperialistischen Staat und seine ideologischen Apparate. Dort wo es ihnen möglich ist, versuchen sie Linke vor das bürgerliche Gericht zu zehren. Der Kampf gegen sie ist daher für MarxistInnen notwendiger Bestandteil des politischen und ideologischen Klassenkampfes.

 

 

 

(14) Karl Marx – Zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, S. 9

 

(15) Siehe auch Karl Marx: „In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt.“ (Karl Marx – Zur Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, S. 8f.)

 

(16) Dies schließt auch jene Gruppe von Intellektuellen mit ein, die für die Bürokratie der ArbeiterInnenbewegung tätig sind (Gewerkschaft, Sozialdemokratie...). Ihre Ideologieproduktion richtet sich nach den Interessen der Bürokratie, die wiederum materiell mit den Interessen des Kapitalismus verbunden ist. (Aufsichtsratssitze, Posten im Parlament und anderen Institutionen des Staatsapparates usw.)

 

(17) Siehe die Lobesrede des antinationalen Gesinnungsgenossen und DÖW-Mann für’s Grobe, Heribert Schiedel, Glauben schenken kann: „Karl Pfeifer wird 75: Laut ‚Nein!’ sagen. Eine Würdigung von Heribert Schiedel“; in: Volksstimme Wien, 21.8.03, http://www.hagalil.com/archiv/2003/08/pfeifer.htm

 

(18) Wladimir Illich Lenin: Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution; in: Lenin-Werke Bd. 25, S. 404f.

 

(19) Siehe Leo Trotzki: Discussion with Trotsky – Internationale Conference; in: Writings of Leon Trotsky (1937-38), S. 284

 

(20) Siehe Michael Pröbsting: Krieg, Kapitalismus und Widerstand. Ursachen des US-Imperialismus. Strategie der Antikriegsbewegung (2004), S. 13f.

 

(21) Ähnlich wie Dostojewski’s Großinquisitor versuchen die Antinationalen, ihr Publikum mit der Aura des Geheimnisvollen und der pseudo-wissenschaftlichen Autorität zu beeindrucken.

Der marxistische Theoretiker Hermann Duncker bemerkte einmal anhand des Beispiels philosophischer Werke von bürgerlichen Intellektuellen:

„Eben gerade in der Philosophie wird ja eine gewisse ‚Geheimsprache’ angewandt. Sehr viele Fremdwörter tauchen ständig auf. Und jeder bürgerliche Philosoph hat das Interesse, mit ganz besonderen Wortbildungen seinen ‚Geistesreichtum’ zu beweisen. Aber wenn man genau hinsieht, dann findet man, daß hinter den sehr verschiedenen Benennungen, Formulierungen und Begriffsbezeichnungen sehr oft der gleiche Begriffsinhalt steckt.“ (Hermann Duncker: Einführungsvorlesung in die marxistische Philosophie (1955), in: Hermann Duncker: Einführung in den Marxismus. Ausgewählte Schriften und Reden, Berlin 1959, S. 7

 

(22) Karl Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte aus dem Jahre 1844, in: Marx-Engels-Werke Bd. 40, S. 584

 

(23) Siehe z.B. Gerhard Scheit’s Versuch, Gemeinsamkeiten zwischen den Antinationalen und dem Vater des amerikanischen Neokonservativismus, Leo Strauss, zu entdecken. Der neue Behemoth. Ein Traktat, in: Bahamas Nr. 48/2005, insbesondere S. 30f.

 

(24) Allerdings ist es doch ein auffallendes Phänomen, daß es sich bei einem Gutteil dieser Intellektuellen in Europa um ehemalige Linke handelt.

 

(25) Auf den in seinem Wesen liegenden reaktionären, totalitären Charakter des imperialistischen Staates – daher auch die vom englischen Philosophen Hobbes stammende Bezeichnung Leviathan – wies schon der bolschewistische Theoretiker Nikolai Bucharin hin. „So entsteht eine einzige, allumfassende Organisation, der moderne imperialistische Raubstaat, als die omnipotente Herrschaftsorganisation der Bourgeoisie. (...) Das ist das heutige Monstrum, der moderne Leviathan der Staatlichkeit.“ (siehe: Nikolai Bucharin: Der imperialistische Raubstaat (1916); in: Jugend-Internationale Nr. 6, S. 7ff.)

 

(26) Dieses und die folgenden Zitate aus Paul Johnson: The Anti-Semitic Disease (…and its kissing cousin, anti-Americanism), in: Commentary, June 2005; auf deutsch: Krankheit Antisemitismus, in: Europäische Rundschau 3/2005, S. 121ff. Paul Johnson beweist in diesem Artikel darüber hinaus auch in anderer Hinsicht den rassistischen und reaktionären Wesenszug des Liberalen Imperialismus. So meint er: „So suhlen sich die Araber (sic!) immer noch in ihrer Krankheit (dem Antisemitismus, d.A.), sie nähren sich davon und verbreiten ihr Gift.“ „So wie im Fall des Judenhasses kann man auch den Haß gegen die Amerikaner als Erscheinungsform des Rassismus oder Fremdenfeindlichkeit interpretieren... Amerikaner zu hassen, widerspricht schließlich jeglicher Vernunft. (...) Da die amerikanische Gesellschaft heute den lebendigen Mikrokosmos des Menschgeschlechts darstellt (sic!, so kann man sagen, daß Amerika zu hassen gleichbedeutend ist mit einem Haß gegen die Menschheit schlechthin (sic!!). (...) Nochmals: Amerika ist der einzige Arzt mit der Macht und Fähigkeit, die Heilung zu bringen, und man kann nur beten, daß es für die Genesung des Patienten nicht zu spät ist.“ Bleibt nur noch zu fragen: Wo bleibt der Arzt für den halluzinierenden Herrn Johnson?!

 

(27) Karl Kautsky: Das Massaker von Kischeneff und die Judenfrage (1903); in: Irving Fetcher Fetcher (Hrsg.): Marxisten gegen Antisemitismus, S. 77

 

(28) Siehe dazu – neben den bereits erwähnten Artikel von Karl Kautsky – Karl Kautsky: Rasse und Judentum (1914), in: Irving Fetcher Fetcher (Hrsg.): Marxisten gegen Antisemitismus; Abraham Leon: Judenfrage und Kapitalismus (1942), München 1971; IV. Internationale: Vorläufige Thesen zur Judenfrage heute (1947), veröffentlicht in: ArbeiterInnenstandpunkt: Marxismus, Antisemitismus und Zionismus; sowie Margit Bauer: Kampf dem Antisemitismus!, in: ArbeiterInnenstandpunkt Nr. 112

 

(29) Eine kurze biographische Anmerkung zu Abraham Leon, einem bemerkenswerten Revolutionär und marxistischen Theoretiker. 1918 geboren ging er als Jugendlicher mit seinen Eltern nach Palästina und wurde Zionist. Er brach jedoch bald mit dem Zionismus und schloß sich bei Kriegsbeginn der trotzkistischen IV. Internationale in Belgien an. Sein Werk “Judenfrage und Kapitalismus” stellt die wohl beste marxistische Analyse zu diesem Thema dar. Gleichzeitig war er auch führender Kader der trotzkistischen Bewegung im Untergrund. Er wurde im Juni 1944 verhaftet und wurde nur wenige Monate später im Alter von nur 26 Jahren in Auschwitz ermordet.

 

(30) Abraham Leon: Judenfrage und Kapitalismus, S. 98f.

 

(31) Karl Kautsky: Das Massaker von Kischeneff und die Judenfrage (1903); in: Irving Fetcher Fetcher (Hrsg.): Marxisten gegen Antisemitismus, S. 82f.

 

(32) Als ein Beispiel dafür sei Alain Finkielkraut angeführt: „"Man muss eine Verbindung zwischen Antisemitismus und dem herstellen, was ich den Hass auf Israel nenne." („Finkielkraut: Antirassistischer Antisemitismus als neue Form des Antisemitismus“, Interview in Der Standard, 19.1.2005)

 

(33) Um nur einige wenige Beispiele dafür zu nennen: „Antisemitismus: Wo die Kritik aufhört und das Ressentiment beginnt“, Interview mit Heribert Schiedel (DÖW) in derStandard.at über einen "neuen" Antisemitismus in Europa, 19.2.2004; „Neuer Antisemitismus?- Eine globale Debatte“, Rezension von Mary Kreutzer, Context XXI 8/2004. Als ein Beispiel für die absonderliche Geschichtsverdrehung sei der Artikel von Olaf Kistenmacher: „Antizionismus“ in der KPD der 1920er Jahre“ genannt. (in: Context XXI, 3-4/2005). Der Artikel besteht fast vollständig aus schlichten Zitatverdrehungen oder Fehlinterpretationen.

 

(34) „Wenn für die Jungen aus den Sozialbauvierteln Frankreich nur aus einem Personalausweis besteht, dann haben sie auch das Recht, das Land zu verlassen.“ (siehe Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung: „Der Haß auf die Republik“, 11.12.2005 sowie Christopher Caldwell: „The politically correct intolerance“, Financial Times 10.12.2005)

 

(35) Gudrun Eussner: Vorstadt-Intifada - "Allah Houakbar!“; www.juedische.at, 07.11.2005; siehe auch Gudrun Eussner: „Alain Finkielkraut muß weg!“, www.juedische.at, 13.11.2005

 

(36) Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, wie groß die Kluft ist zwischen vielen Linken, die sich unaufhörlich auf Gramsci und seinen Begriff der Zivilgesellschaft berufen und der tatsächlichen Bedeutung, die der italienische Marxist dem Konzept der Zivilgesellschaft verlieh.

Gramsci verstand unter Zivilgesellschaft jenen gesellschaftlichen Bereich, durch den die herrschende Klasse ihre Hegemonie (Vorherrschaft) über die ArbeiterInnenklasse und die unterdrückten Schichten nicht durch die offenen Mittel des Zwanges (Polizei, Justiz, Armee), sondern durch ideologische Beeinflussung, Integration und Konsens zu erreichen sucht. Zu diesem Bereich zählt er Medien wie Fernsehen, Radio und Zeitungen, Kirche, Schule, politische Parteien, Kultur- und Sportvereine usw. Während die kleinbürgerliche Linke die Zivilgesellschaft so gerne hochleben läßt, sah sie Gramsci als „Basis des im engen Sinn als Regierungs- oder Zwangsapparat verstandenen Staates“. Für ihn war die Zivilgesellschaft Teil der kapitalistischen Ordnung, die es zu bekämpfen und überwinden galt. Er betonte, „daß man unter Staat außer dem Regierungsapparat auch den ‚privaten’ Hegemonieapparat oder Zivilgesellschaft verstehen muß.“ (Antonio Gramsci: Gefängnishefte 4 (6. und 7. Heft), Hamburg 1992, S. 815 bzw. 816)

 

(37) Siehe dazu unseren Artikel: Zur Mentalität der Antinationalen und der politischen Furchtsamkeit der Linken; www.arbeiterinnenstandpunkt.net/rn142.html