Nicaraguakanal - stoppt die imperialistische Einmischung!

Artikel von Johannes Wiener, Revolutionär-Kommunistische Organisation BEFREIUNG (RKO BEFREIUNG), www.rkob.net

 

Ende Dezember 2014 hat der Bau des Nicaraguakanals offiziell begonnen. Dieses Riesenprojekt des chinesischen Imperialismus soll ihm als Alternative zum von den USA kontrollierten Panamakanal dienen. Bei den zahlreichen Protesten gegen den Bau des Kanals gibt es nun die ersten Toten. Darüber hinaus wurden Dutzende Menschen verletzt.

 

Umweltdesaster – Soziales Desaster

 

Der Nicaraguakanal soll den Pazifischen Ozean und die Karibik verbinden, so wie das der Panamakanal schon tut. Er wird aber deutlich tiefer (30 m) und breiter (230-540m) gebaut werden als letztgenannter. Alleine der Bau für die Zufahrtsstraßen wird mindestens 3 Monate in Anspruch nehmen. Dies wird, schon bevor der erste Kubikmeter Erde des Kanals bewegt wurde, zu einer Rodung großer Flächen Regenwalds führen. Der Kanal soll 100 Kilometer durch das größte Süßwasserreservoir Mittelamerikas – den Nicaraguasee – führen. Dies wird mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zum Ende dieses Süßwasserreservoirs führen, da eine Verschmutzung durch die Schifffahrt droht. Der Kanal soll vor allem durch die Siedlungsgebiete der indigenen Bevölkerung führen. Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass 30.000 Bauern und Indigene für dieses Projekt umgesiedelt werden müssen.

 

Der bürgerliche Präsident Ortega, der nach dem Wahlerfolg 2007 zunehmend undemokratisch regiert, versucht den Bau des Kanals gegenüber den nicaraguanischen Volksmassen als wichtigen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu verkaufen. Er meint auch, dass das Land dadurch reicher werden würde. Was für ein Unsinn! Um zu sehen was ein „internationaler“ Kanal einer unterdrückten Nation bringt, müssen unsere nicaraguanischen Brüder und Schwestern nur wenige hundert Kilometer nach Süden schauen, nach Panama. Hat das Volk von Panama von dem Kanal, der ihr Land zerschneidet, profitiert? Oder hat das ägyptische Volk vom Suezkanal profitiert? Nein, profitiert haben nur einige wenige einheimische Bürokraten und die Großkapitalisten im Ausland!

 

Chinesischer Imperialismus

 

All das plant die chinesische Investorengruppe HKND (Hong Kong Nicaragua Development), die darüber hinaus auch noch zwei Autobahnen, zwei Häfen und eine Freihandelszone errichten will. Kurz und gut: Der chinesische Imperialismus reißt sich Nicaragua als eine de-facto Kolonie unter die Nägel. Dies alles wird von der Regierung Ortega nicht nur geduldet sondern auch begrüßt und gefördert. Präsident Ortega und die sandinistische FSLN hatten zwar in den 1970er und 1980er Jahren zuerst gegen die Militärdiktatur Somozas gekämpft und dann dem US-Imperialismus die Stirn geboten, doch spätestens seit den Wahlen 2006 dürfte auch die letzte Illusion in deren Anti-Imperialismus verdampft sein. Seitdem ist es selbst für den letzten Träumer klar: Sie verkaufen den Kampf des nicaraguanischen Volkes um Befreiung aus. Das zeigt zum wiederholten Mal, dass eine pseudolinke Alternative, wie sie sich zum Beispiel in Form der Sandinisten gerne präsentiert, keine Alternative ist. Nein, die Sandinisten verkaufen – nach einigen bescheidenen Sozialreformen – das Land an den chinesischen Imperialismus.

 

Die Entwicklungen in Nicaragua beweisen sehr deutlich, dass China nicht irgendein rückständiges 3. Welt-Land ist, sondern eine aufstrebende imperialistische Großmacht. Es ist unbedingt notwendig, dass Revolutionärinnen und Revolutionäre dies anerkennen. Wie wäre es möglich, dass eine Halbkolonie im „Hinterhof“ der USA sich de-facto ein Land unter den Nagel reißt und dort einen strategisch wichtigen Kanal baut? Insbesondere ein Kanal der dem, von den USA kontrollierten, Panamakanal Konkurrenz macht? Die Antwort darauf ist einfach: Gar nicht. Wenn es aussieht wie ein imperialistisches Land, Wirtschaft treibt wie ein imperialistisches Land, Einfluß hat wie ein imperialistisches Land und von anderen Imperialisten behandelt wird wie ein imperialistisches Land ... dann ist es auch ein imperialistisches Land! Hier geht es nicht bloß darum Wirtschaftsstatistiken richtig zu interpretieren, sondern darum offensichtliche Realitäten anzuerkennen.

 

Widerstand organisieren!

 

Tausende Menschen sind jetzt schon auf die Straße gegangen, um gegen das Riesenprojekt, das ihre Lebensgrundlage zerstört zu demonstrieren. Diese Proteste sind vollkommen berechtigt und unterstützenswert! Die RCIT (Revolutionary Communist International Tendency) solidarisiert sich mit den Protesten. An manchen Ort nehmen die Proteste auch schon die Form von Aufständen an. So gab es zum Beispiel Berichte, dass Schusswaffen gegen Polizisten eingesetzt wurden und das auch Polizisten und Soldaten auf Demonstrantinnen und Demonstranten geschossen haben. Nach Angaben von Aktivistinnen und Aktivisten sind schon zwei Bauern von Polizei und Militär ermordet worden. Es wurden mehre Polizeiwachen angezündet und Polizisten mit Macheten angegriffen.

 

All diese Militanz der Bauernschaft muss verbunden werden mit einer revolutionären Perspektive. Wir wollen mit allen Revolutionärinnen und Revolutionären in Nicaragua auf das engste zusammenarbeiten.

 

Die RCIT schlägt Aktivistinnen und Aktivisten in Nicaragua vor, den Kampf um folgende Punkte herum zu organisieren:

 

* Für Streiks und einen Transportboykott um den Bau wirklich zu stoppen!

 

* Ausdehnung der Proteste und Organisierung von Widerstandkomitees in den Dörfern, Bauabschnitten und Fabriken.

 

* Kein Vertrauen in die bürgerliche, pro-imperialistische Opposition (PLC, PLI), aber auch kein Vertrauen in die an den Protesten beteiligte kleinbürgerliche MRS (Movimiento de Renovación Sandinista). Aber verteidigt die MRS gegen Angriffe durch die Ortega-Regierung!

 

* Ob überhaupt ein Kanal durch Nicaragua gebaut werden soll, muss das Volk von Nicaragua entscheiden. Vorher muss eine Expertenkommission eingesetzt werden, die das Vertrauen der ArbeiterInnenbewegung, der Indigenen und der ansässigen Bauern genießt. Diese Kommission muss eine breite Aufklärung über die Folgen organisieren und prüfen, ob solch ein Kanal wirklich notwendig ist. Revolutionärinnen und Revolutionäre stehen dem Ausbau der Infrastruktur aber nicht prinzipiell negativ gegenüber, doch müssen dabei immer die Vor-und Nachteile für die lokalen Bevölkerung abgewogen werden. Der Profit für Konzerne darf jedoch keine Rolle bei der Entscheidungsfindung spielen!

 

* Nieder mit dem Imperialismus! Keinerlei ausländische Einmischung in die Belange des nicaraguanischen Volkes! Nieder mit dem chinesischen Imperialismus, aber auch dem US-Imperialismus! Enteignung aller ausländischen Besitztümer (Fabriken, Hafenanlagen, Banken, Landbesitz,…)!

 

* Nieder mit der Regierung Ortega – für eine Regierung der Arbeiterklasse und der Armen in Stadt und Land!

 

 

 

 

 

FUßNOTE: Wirtschaftsstatsitiken neben einer ausführlichen Analyse zu diesem Thema finden sich unter anderem im ausgezeichneten Buch der RCIT, „The Great Robbery of the South“.

 

 

 

 

 

Quellen:

 

http://www.zeit.de/2014/09/nicaragua-kanal-umweltschaeden

 

http://www.welt.de/wirtschaft/article135660702/China-stillt-Rohstoffhunger-mit-diesem-Mega-Kanal.html

 

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/viele-verletzte-bei-protesten-gegen-nicaragua-kanal-a-1010292.html

 

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/nicaragua-kanal-als-chinesisches-grossprojekt-13335775.html

 

http://derstandard.at/2000009775678/Ausschreitungen-beiProtesten-gegen-Nicaraguakanal

 

http://derstandard.at/2000002822021/Nicaragua-praesentiert-Plaene-fuer-neuen-Kanal