Eine Schlacht ist gewonnen, aber der Krieg gegen die EU und den IWF geht weiter! Verstaatlicht die Banken und die Medien und stellt sie unter Kontrolle der Beschäftigten!
Stellungnahme der Revolutionär-Kommunistischen Internationalen Tendenz (RCIT), 6.7.2015, www.thecommunists.net, www.rkob.net
1. Der Erdrutschsieg der OXI Kampagne in der gestrigen Volksabstimmung ist ein heftiger, politischer Schlag gegen die arroganten imperialistischen Bosse der EU und ihrer Lakaien in Griechenland. Diese reaktionären Mächte wollten das griechische Volk mit Ultimaten demütigen und ihm weitere grausame Sparpakete aufbürden. Sie versuchten Panik zu verbreiten über Schließungen von Banken und hysterischer Propaganda in den bürgerlichen Medien. Bis jetzt sind sie damit gescheitert. In jedem einzelnen Wahlkreis Griechenlands hat eine Mehrheit für das OXI (griechisch für „NEIN“) gestimmt! Nicht gerade überraschend sind die führenden EU-Politiker erschüttert und die Börsen verzeichneten große Verluste.
2. Das ist ein Sieg nicht nur für die griechische ArbeiterInnenklasse sondern für alle ArbeiterInnen Europas. Es hat gezeigt, dass die griechischen ArbeiterInnen und Jugendlichen mit überwältigender Stimme das über die letzten fünf Jahre aufgezwungene Spardiktat der EU Banditen und ihrer Handlanger in den letzten Regierungen Griechenlands ablehnen. Dieser Sieg untergräbt den Mythos von den EU-Imperialisten und den Monopolkapitalisten, das sie demokratische Legitimierung für ihre Politik der Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse und die Armen hätten während sie gleichzeitig Steuererleichterungen und staatliche Unterstützung für die Reichen bereithielten. Der gestrige historische Sieg birgt das Potential das politische Selbstbewusstsein der ArbeiterInnenklasse in Griechenland und darüberhinaus zu heben, sich dem barbarischen Spardiktat der herrschenden Klasse entgegenzusetzen. Es ist nun die zentrale Aufgabe aller Revolutionärinnen und Revolutionäre in Griechenland wie Gesamteuropa die ArbeiterInnenklasse für die Perspektive zu gewinnen diese Möglichkeit in eine Wirklichkeit zu verwandeln.
3. Offensichtlich ist die Regierung Tsipras bereit zu kapitulieren und die Bedingungen des EU „Rettungsprogramms“ zu akzeptieren. Das wurde seitdem sie im Januar an die Macht kamen schon mehrfach durch die Konzessionen unter Beweis gestellt, die sie bereit waren zu leisten und die in Form einer 7,5 Milliarden Euro umfassenden Zahlung an die Finanzinstitute der EU im Februar ein besonders absurdes Ausmaß annahm. Die Bereitschaft zu weiteren Konzessionen wurde ebenso durch das Schreiben des Premierministers Tsipras vom 28. Juni, das an den IWF, an die Europäische Zentralbank und die Europäischen Kommissionen ging deutlich. In diesem Schreiben stimmte er den Forderungen und dem Ultimatum der Finanzhaie nur mit leichten Änderungen zu (Siehe auch http://money.cnn.com/2015/07/01/news/economy/greece-prime-minister-letter-bailout-concessions/). Die Kapitulationsbereitschaft von Tsipras wurde durch den von ihm erzwungenen Rücktritt des Finanzministers Yanis Varoufakis erneut deutlich, zumal letztgenannter zu einer verhassten Figur für die EU Bosse und der von ihnen kontrollierten Medien avancierte. All das zeigt deutlich auf, wie falsch die Behauptung der linksreformistischen Bürokraten der Europäischen Linkspartei und zahlreicher Zentristen ist, die Tsipras und die SYRIZA Führung tatsächlich als wirkliche „anti-kapitalistische Regierung“ bezeichnen.
4. Obwohl verschiedene Ereignisse der jüngsten Vergangenheit mehr als deutlich Tsipras Bereitschaft zur Kapitulation aufzeigten bedeutet das nicht, dass er automatisch kapitulieren wird können. Der entscheidende Unterschied zwischen der von SYRIZA geführten Volksfrontregierung und anderer bürgerlicher Regierungen ist das Griechenland nun unter dem enormen Druck der radikalisierten ArbeiterInnenklasse steht. Das macht es schwer für die Tsipras-Führung alle von den EU Bossen geforderten Konzessionen einzugehen ohne damit gleich scharfe Konflikte mit relevanten Teilen ihrer politischen Basis zu provozieren. Ausdruck dieses realen Drucks, der von der Basis der Partei ausgeübt wird ist auch der wachsende linke Flügel in SYRIZA.
5. Die entscheidene Frage ist nun ob eine rasche Einigung zwischen den Herrschenden der EU und der Tsipras-Regierung über die Einsparungsdiktate erfolgt oder nicht. In der Konsequenz kann man auch sagen: Werden Berlin, Paris und Brüssel bereit sein eine Kapitulation der Tsipras regieren zu akzeptieren oder wird es ihnen zu spät bzw. zu wenig sein. Warum sollen Merkel, Hollande und Juncker Interesse haben eine Zusage von Tsipras zu den Kürzungen, die dem griechischen Volk von der EU aufgezwungen wird, dennoch abzulehnen? Weil es sehr leicht sein kann, dass sie darauf bestehen werden SYRIZA wie auch das griechische Volk selbst öffentlich zu demütigen. Die Herrschenden der EU wollen die ArbeiterInnenklasse Griechenlands, die in überragender Mehrheit SYRIZA unterstützt demoralisieren. Indem sie die Tsipras-Regierung demütigen, hoffen die Spitzen der EU die Unterstützung für SYRIZA zu schwächen. Hinzukommt, dass die EU-Bosse zurecht fürchten, dass ein „Domino-Effekt“ einsetzen könnte. Wenn das griechische Volk es wagt ein Spardiktat abzulehnen, dann kommen womöglich andere Völker Europas auf dieselbe „verrückte“ Idee! Gerade auch Spanien könnte ein Kandidat für die nächste Volksabstimmung ähnlichen Typs werden.
6. Wenn es nicht zu einer raschen Einigung zwischen
der Regierung Tsipras und den Herrschenden der EU kommt und somit die politische und wirtschaftliche Krise weiter andauert, kann das eine vorrevolutionäre Situation in Griechenland einläuten mit
entsprechenden sozialen Erschütterungen. Hinzukommt, dass es auch eine scharfe Krise in der Europäischen Union auslösen könnte. Im Fall einer solche Entwicklung wird die herrschende Klasse Griechenlands zusammen mit den EU-Bossen eine Kampagne vorbereiten, die eine Zerrüttung des Landes zur
Folge haben soll um die breite Unterstützung für SYRIZA in den Reihen der ArbeiterInnen und Jugendlichen zu brechen. Auf lange Sicht könnten sie auch die Option eines Militärputsches in Erwägung
ziehen, wie es Griechenland schon 1967 erfuhr.
7. Was sind also die zentralen Aufgaben der RevolutionärInnen Griechenlands und Gesamteuropas in genau dieser Phase, beginnend mit
dem Tag nach dem siegreichen Referendum? Die Kampagne für das „OXI“ hat sowohl eine unglaubliche Politisierung der ArbeiterInnenklasse und der Jugendlichen Griechenlands zum Ausdruck gebracht als
auch ihre Stärkung. Es zeigte aber auch die großen Hoffnungen und Forderungen auf, die viele ArbeiterInnen und Jugendliche an SYRIZA richten. RevolutionärInnen müssen diese Umstände
berücksichtigen bei der Entwicklung aktueller, revolutionärer Taktiken. Als erstes müssen RevolutionärInnen von der Regierung fordern, keine Zugeständnisse an die EU zu machen. Zweitens müssen
RevolutionärInnen die Führung von SYRIZA auffordern, die Banken und andere Finanzinstitute zu verstaatlichen und sie unter Kontrolle der Beschäftigten zu stellen. Andernfalls verbleibt das
Land weiterhin als Geisel dieser Finanzhaie. Drittens müssen RevolutionärInnen die Verstaatlichung aller großen Medieneinrichtungen unter Kontrolle der Beschäftigten fordern, damit diese
offen und damit nutzbar sind von den ArbeiterInnenorganisationen und den Organisationen des Volkes. Skai TV und
andere private Medien haben im Zuge der wochenlangen Kampagne zum Referendum unter Beweis gestellt, dass sie in erster Linie Werkzeug der herrschenden Klasse gegen die Interessen des griechischen Volkes sind. Letzlich müssen RevolutionärInnen auch zu einem Abbruch der Verhandlungen mit den
imperialistischen Einrichtungen aufrufen und eine Kampagne für einen sofortigen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wie der gesamten EU führen. Das ist notwendig, weil ein Verbleiben in der
EU für Griechenland immer auch bedeuten würde sich den EU-Bossen unterordnen zu müssen. Es kann und wird keine wirkliche Demokratie in der Welt der Banker und Konzernherren geben!
8. RevolutionärInnen müssen ebenso die Öffentlichkeit vor dem drohenden Verrat der Tsipras-Regierung warnen. RevolutionärInnen
müssen die ArbeiterInnen und Jugendlichen davor warnen, den Versprechen der SYRIZA Führer nicht zu trauen. Das ändert nichts daran, dass relevante Teile der ArbeiterInnenklasse große Illusionen
in SYRIZA haben. In Anbetracht dieser Tatsachen, ist es sehr wichtig, dass RevolutionärInnen die Einheitsfronttaktik anwenden, sprich Forderungen auch an die Führung von SYRIZA richten,
ohne dabei die Illusionen zu verbreiten, dass die Führung jemals freiwillig diese Forderungen umsetzen wird. Eine solche zentrale Forderung ist die nach dem Bruch der Koalition mit der
rechts-chauvinistischen ANEL-Partei und die Schaffung einer Regierung ohne bürgerliche Minister.
9. Wir verurteilen die sektiererische Herangehensweise der stalinistischen KKE, die sich sogar weigerte für das “OXI” in der
Volksabstimmung aufzurufen. Die KKE-Führung rief stattdessen dazu auf eine ungültige Stimme abzugeben, sprich „weiß“ zu wählen, nur weil diese Volksabstimmung von ihrem Erzfeind SYRIZA
unterstützt wurde. Die Taktik der Holzköpfe der KKE erinnert sehr stark an die Phase von 1929-1933 als die stalinistische Komintern die Sozialdemokraten als ihren schlimmsten Feind ansah und sie
sogar als Sozialfaschisten bezeichnete. Wir rufen die KKE-Mitglieder dazu auf, mit diesem verrotteten Sektierertum zu brechen und den Kampf Schulter an Schulter mit den ArbeiterInnen und
Jugendlichen zu führen die SYRIZA unterstützen. Die Partei KKE sollte fortschrittliche Kämpfe unterstützen und auch organisieren, die sich gegen Privatisierungen, für höhere Löhne und so weiter
einsetzen.
10. Die wichtigste Aufgabe ist nun die Bildung von Aktionskomitees am Arbeitsplatz, in den Bezirken, den Schulen, den Universitäten und Dörfern. Wir rufen dazu auf eine
landesweite Delegiertenversammlung auf Basis solcher Aktionskomitees und der Organisationen der ArbeiterInnenbewegung zu organisieren, um sich über Strategien gegen die kommende Krise zu beraten
und Entscheidungen zu treffen. Solche Komitees müssen ebenso beginnen Selbstverteidigungseinheiten zu schaffen, um die ArbeiterInnenbewegung gegen Faschisten und die Polizei verteidigen zu
können. Solche Aktionskomitees und Selbstverteidigungseinheiten können somit zur Basis werden, auf die sich eine zukünftige ArbeiterInnenregierung stützen soll. Die Aufgabe einer solchen
Regierung wird die Enteignung der Borugeoisie und der Kampf für die sozialistische Umwälzung sein.
11. Unvermeidbar wird die herrschende Klasse mit allen, ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen eine solche Entwicklung hin zum
Sozialismus auch mit massiver Gewalt aufzuhalten. Das ist auch der Grund warum RevolutionärInnen schon jetzt die ArbeiterInnenklasse und die Jugendlichen politisch und praktisch auf den
unvermeidbaren bewaffneten Kampf gegen die herrschende Klasse vorbereiten müssen.
12. Angesichts des Ungleichgewichts zwischen dem Klassenkampf in Griechenland heute und dem Klassenkampf in den anderen Ländern Europas, ist
es essentiell den Kampf gegen die Einsparungspolitik auf den gesamten Kontinent auszuweiten. SozialistInnen in allen Ländern Europas müssen massiven Druck ausüben auf die Organisationen der
ArbeiterInnenbewegungen endlich für die sofortige Streichung aller Schulden Griechenlands gegenüber den europäischen Finanzinstituten zu mobilisieren. Diese Agitation muss verbunden werden
mit einem Programm, das sich für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa einsetzt.
13. Die RCIT schlägt den ArbeiterInnenorganisationen in Griechenland wie Gesamteuropa vor für eine internationale Notkonferenz zu
mobilisieren, die in den nächsten Wochen in Athen stattfinden sollte. Eine solche Konferenz kann ein wichtiger Schritt sein in der Schaffung einer Gesamtplanes des Kampfes. Sie kann ein
wichtiger Schritt sein in der Organisierung einer internationalen Massenkampagne der ArbeiterInnenorganisationen
und sozialen Bewegungen, um das griechische Volk in seinem Kampf gegen die Einsparungsoffensive der Herrschenden Europas zu unterstützen.
14. Es wäre allerdings töricht den ArbeiterInnen Griechenlands abzuverlangen, dass sie auf die ArbeiterInnenklasse jedes anderen europäischen
Landes warten soll, bis diese zuerst “ihre eigene” herrschende Klasse daran gehindert hat die Einsparungspolitik umzusetzen, geschweige denn die herrschene Klasse gestürzt hat. Das ist auch ein
Grund dafür, dass eine sozialistische Perspektive für Griechenland und für die Verenigten Sozialistischen Staaten von Europa nicht im Gegensatz zu einem sofortigen Austritt
Griechenlands aus der Euro-Zone und der EU steht. Eine solche Perspektive muss verbunden werden mit einem
Notprogramm auf der Basis von Übergangsforderungen für die Machtergreifung der ArbeiterInnenklasse in Griechenland, sprich der Gründung einer ArbeiterInnenregierung.
15. All diese Forderungen und Programme verbleiben als reine
Idee wenn sie nicht mit konkreten materiellen Faktoren verbunden werden, sprich mit der Schaffung einer revolutionären ArbeiterInnenpartei Griechenlands als Teil einer neuen, revolutionären
Weltpartei der ArbeiterInnenklasse. Eine solche revolutionäre Partei muss sich dem Kampf für eine sozialistische Revolution in Griechenland und in ganz Europa verschreiben. Alle
RevolutionärInnen, die sich auf eine solche Perspektive für eine Revolution in Griechenland und überall auf der Welt einigen können, sollten sich zusammenschließen. Wir dürfen keine Zeit mehr
verlieren! Die RCIT möchte mit allen SozialistInnen Griechenlands zusammenarbeiten, die ein solches politisches und organisatorisches Programm umsetzen wollen!
Internationales Sekretariat der RCIT
Allen LeserInnen, die sich für eine genauere Analyse zu Griechenland interessieren, empfehlen wir auch folgende Artikel:
* RCIT: Referendum in Greece on 5 July: Vote OXI! against the EU-Troika! No to any Austerity Program! Break with the EU and IMF! Nationalize the Banks and Media under Workers’ Control! 30.6.2015,
* RCIT: Greetings to All Greek Socialists Who Are Campaigning for a Vote of OXI in 5 July Referendum, 3.7.2015, http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-solidarity-greetings/
* Brazil Trade Unionists: Solidarity with the Greek Resistance against the EU-Troika! http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/brazil-solidarity-with-greece/
* RCIT: Greece: No to the Surrender of the SYRIZA Leadership! 26.2.2015, http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/syriza-surrenders/
* RCIT: Greek Elections: SYRIZA Wins … and Forms an Alliance with Reactionary Racists! 27.1.2015, http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-syriza-anel/
* RCIT: Elections in Greece: Vote SYRIZA but Don’t Trust the Tsipras Leadership! Organize the Struggle in Workplaces, Schools, and on the
Streets! Fight for a Workers’ Government! 22.1.2015, http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-election-statement/
* RCIT: Greece: Honor Pavlos Fyssas! Smash the fascist Golden Dawn, 21.9.2013, http://www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-smash-golden-dawn/
* RCIT: Greece: Down with the Trial against Savas Michael-Matsas! 23.7.2013, www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-solidarity-with-savas-matsas
* Nina Gunić: Solidarity with the Hunger Strike in Greece! Forward to a Revolutionary Migrant Movement! April 2013, www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-solidarity-with-migrant-strike
* Michael Pröbsting: After the elections on 17th June: A new phase of the Greek Revolution is beginning! 19.6.2012, www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-after-17-6-elections
* Michael Pröbsting: Greece: For a Workers' Government! Critical electoral support for SYRIZA and KKE! Workers: Organize and prepare yourselves for the struggle for power! 6.6.2012,
www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-for-a-workers-government
* Michael Pröbsting: After SYRIZA’s victory in the Greek elections: The question of a Workers Government and the revolutionary way forward, May 2012, www.thecommunists.net/worldwide/europe/after-the-greek-elections
* Michael Pröbsting: Perspectives on the Greek Revolution, 10.11.2011, www.thecommunists.net/worldwide/europe/greece-revolution-or-tragedy