Der Tag der Roma – eine Heuchelei

Von Nina Gunić, RKOB

 

Der 8. April wurde vor 40 Jahren als „Tag der Roma“ ausgerufen. Anlässlich dieses Tages hatte die Weltbank schon vor 6 Jahren eine Dekade der Integration ausgerufen. Die Politik, die aber die Mächtigen in Europa und weltweit (wie auch mittels ihrer Institutionen) gegen die Roma führen, ist seit jeher eine der Unterdrückung und Verfolgung.


 

Wir als revolutionäre KommunistInnen sehen den Kampf gegen diese Unterdrückung, die das herrschende System, der Kapitalismus, hervorbringt, als unsere tagtägliche Aufgabe an. Wenn es um den Kampf gegen die Verfolgung und Unterdrückung der Roma geht, muss jeder Tag auch ein „Tag der Roma“, ein Tag zu ihrer und unser aller Befreiung sein.

 

Armut und Gewalt

 

Ein dutzend Millionen Menschen in ganz Europa gehören zur Volksgruppe der Roma. In der EU sind sie damit die größte ethnische Minderheit. Sie leben in ihrer absoluten Mehrheit in Baracken und zerfallenen Hütten, die in dieser Form vor allem in der halbkolonialen Welt (der sogenannten Dritten Welt) üblich sind. In vielen Ländern erleben Roma eine Unterdrückung, wie sie oft von uns Angehörigen von Minderheiten und MigrantInnen erfahren wird, in einer besonders drastischen Form. Die Kindersterblichkeit ist oft doppelt so hoch als im Rest der Bevölkerung. Medizinische Versorgung oder gar Krankenversicherung ist eine Seltenheit, zumal die meisten Roma keinerlei Aufenthaltserlaubnis haben. Während die EU von einer durchschnittlich 10 Jahre verkürzten Lebenserwartung spricht, ist in einigen Ländern die Lebenserwartung sogar 15-20 Jahre geringer als in der Restbevölkerung.


Zudem wird in Europa kaum einer Minderheit mit solcher organisierter Gewalt begegnet wie den Roma. Schlägereien zwischen Skinheads und Roma spielen sich beispielsweise in Tschechien, Ungarn, Slowenien, und vielen anderen Ländern am Balkan fast täglich ab. 2006 kam es im Viertel Krasna Palyana in Sofia zu besonders blutigen Übergriffen auf dutzende Roma. "Auch wenn wir seit Jahrzehnten im gleichen Land leben, so haben wir auf die Roma immer herabgeschaut, ihr Platz war irgendwie immer nur in der Ecke." bringt es der Schriftsteller Georgi Gospodinow auf den Punkt. (Georgi Gospodinow, Dnevnik (bulgarisch), http://www.dnevnik.bg/analizi/2007/08/23/370843_agresiia_i_stereotip/)


In Italien werden seit Jahrzehnten Schlagzeilen gemacht mit den Übergriffen, die auf Roma-Lager geschehen. Molotow-Cocktails (Flaschen, die mit Benzin gefüllt und mit einem angezündeten Tuch versehen, als Bomben geworfen werden), Brandanschläge, Vergewaltigungen und Exekutionen von Roma werden von Polizei wie auch organisierten Faschisten regelmäßig verübt. Gerade in dem Gebiet, das seit geraumer Zeit unter EU-Protektorat („Schutzgebiet“) steht, kam es zu einem regelrechten Völkermord gegen Roma: In Kosova. Ihre Zahl wurde von 150.000 ansässigen Roma auf 30.000 dezimiert! Viele sind geflohen auf Grund der massiven Verfolgung in Kosova, ein Gutteil wurde schlichtweg auf brutalste Weise ermordet.

 

Amtlicher Antirassismus

 

Gerne werden Institutionen von nationalen Regierungen, der EU oder anderen Staaten (USA, etc.) geschaffen, die „gegen Rassismus“, „für Integration“, „für die Rechte von Minderheiten“, arbeiten sollen. Artig werden Berichte und Apelle von diesen Institutionen geschrieben, brav werden sie den höheren staatlichen Gremien vorgetragen, gerne werden sogar spezielle Tage ernannt, um dem Thema zumindest einmal im Jahr auch mehr Aufmerksamkeit auf einem Bankett oder ähnlichen Ansammlungen betuchter Schnösel und ihres intellektualistischen Anhangs zu widmen.


Das alles ändert allerdings nichts an der Lage der Roma selbst. Es ändert nichts daran, dass sie von Rechtsextremen und häufig auch von Polizisten (beides findet sich bekanntlich auch oftmals in einer Person zusammen) angegriffen und auf offener Straße hingerichtet werden. Sie fristen ihr Leben in so elender Umgebung, dass nur knapp über die Hälfte der Kinder überhaupt die Volksschule abschließt. In der Regel werden die Kinder schon ab Kleinkindalter alleine zuhause gelassen, weil die Eltern in den Jobs die sie bekommen nur einen Hungerlohn verdienen und sich den Luxus von Kinderkrippen oder ähnlichem nicht leisten können. Die Lager sind in solch miserablen Zuständen, dass viele Brände gar nicht auf Anschläge zurückzuführen sind, sondern auf undichte Öfen und andere offene Feuerstellen.


Der kapitalistische Staatsapparat tarnt sich gerne mit demokratischen Floskeln und gesteht einem Teil der Bevölkerung formell bürgerliche Rechte zu. Gerne richtet er sogar Vereine und ähnliches ein, die sich um die „armen“ Menschen kümmern sollen. Die Gewissensberuhigung solcher Wohlfahrtseinrichtungen erlauben es den wohlhabenden Schichten ihre Freizeit seelenruhiger genießen zu können. Im Großen und Ganzen werden aber die absolute Mehrheit der Menschen, die ArbeiterInnen ausgebeutet, die Jugendlichen, Frauen, MigrantInnen und Minderheiten werden unterdrückt. Die bürgerliche Demokratie des kapitalistischen Systems bringt der arbeitenden Bevölkerung zwar gewisse demokratische Freiheiten und diese auch nur, weil sie von den unterdrückten Klassen hart erkämpft wurden. Aber tatsächliche „Freiheit“ existiert in der bürgerlichen Demokratie nur für einen gewissen Teil der Bevölkerung, nämlich dem besitzenden Teil, der herrschenden Klasse. Der russische Revolutionär Wladimir Iljitsch Lenin schrieb dazu: „Dieser Demokratismus ist jedoch durch den engen Rahmen der kapitalistischen Ausbeutung stets eingeengt und bleibt daher im Grunde genommen stets ein Demokratismus für die Minderheit, nur für die besitzende Klasse, nur für die Reichen. Die Freiheit der kapitalistischen Gesellschaft bleibt immer ungefähr die die gleiche, die sie in den antiken griechischen Republiken war: Freiheit für die Sklavenhalter.“ (Lenin: Staat und Revolution (1917); in: LW 25, S.474)

 

Widerstand und Solidarität

 

Wir brauchen in der Tat „Tage der Roma“. Doch diese Tage müssen Tage des Widerstandes und der Solidarität sein. Widerstand gegen das kapitalistische System, gegen diejenigen, die uns ausbeuten. Widerstand gegen die KapitalistInnen mit ihrem gesamten Unterdrückungsapparat. Widerstand gegen alle faschistischen und rechtsextremen Kräfte – überall dort wo sie auftreten! Solidarität mit den Roma, wie mit allen Unterdrückten und Ausgebeuteten des Kapitalismus. Organisieren wir uns als Arbeiterinnen und Arbeiter, als Jugendliche, Frauen, Migrantinnen und Migranten, als national unterdrückte und ethnische Minderheiten Schulter in Schulter und fordern wir:


-, Schaffung von flächendeckenden, kostenlosen Wohnmöglichkeiten hoher Qualität für besitzlose Roma und alle die in Baracken und Slums leben!

 

-, Für offene Grenzen! Roma - wie alle anderen Menschen - sollen die Freiheit haben überallhin reisen zu können und sich in jedem Land niederlassen zu dürfen. Abschaffung aller Fremdenrechtsgesetze und Asylgesetze! Sofortige Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeit für Einreisende!


-, Gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss für alle gelten, unabhängig der eigenen nationalen oder ethnischen Identität!


-, Ausbau eines massiven Angebots an Ausbildungs- sowie Arbeitsplätzen in öffentlicher Hand. Gerade auch die Ausbildungszeit muss genauso bezahlt werden, um einen menschenwürdigen Lebensstandard zu ermöglichen! Für ein öffentliches Beschäftigungsprogramm bezahlt aus einer höheren Besteuerung der Unternehmerprofite!


-, Für eine breite Solidaritätsbewegung mit den Roma, die von der ArbeiterInnenbewegung (Gewerkschaften, Jugendorganisationen, etc.) aufgebaut wird! Gleichzeitig muss genauso auch eine starke Kampagne innerhalb der Bewegung selbst geführt werden, die jegliche Vorurteile gegen Roma bekämpft!


-, Für den Aufbau eines bewaffneten Selbstverteidigungskomitees in Roma-Vierteln und -Lagern, organisiert von den Roma, der ArbeiterInnenbewegung (Gewerkschaften, Jugendorganisationen, etc.) und den fortschrittlichen Teilen der ansässigen Bevölkerung. Jeder Übergriff auf Roma muss militant und konsequent zurückgeschlagen werden!

 

Organisieren wir uns gemeinsam zum Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung! Bauen wir die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) auf! Schließ dich uns an!

 

Quellenangaben:

Die angeführten Zahlen beziehen sich auf folgende Quellen:

"Five Years of Ethnic Cleansing of "Gypsies" from Kosovo", ERCC, 10 Juni 2004, errc.org

"Roma in Europa" von Dirk Auer, Magazin "Eurotopics", Ausgabe Oktober 2007

http://www.tagesschau.de/ausland/roma182.html