Resolution der RKOB (Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung) zu den Nationalratswahlen 2013, 24.8.2013
1. Die Nationalratswahlen 2013 finden am 29. September statt. Damit stellt sich die Frage: Wen wählen? Die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) sieht es als Pflicht eines jeden klassenbewußten Arbeiters, einer jeden klassenbewußten Arbeiterin an sich in den kommenden Wochen mit den Wahlen auseinanderzusetzen und eine klare Position zu beziehen. Dazu gehört eine klare Einschätzung, eine Klassencharakterisierung der wahlberechtigten Parteien sowie die Anwendung bestimmter Wahltaktiken.
2. Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ist eine bürgerliche ArbeiterInnenpartei. Ihre gesamte Politik ist bürgerlich. Sie wird von einer abgehobenen Bürokratie beherrscht. Diese arbeitet im Dienste der herrschenden Klasse und orientiert sich an der Erhaltung des Kapitalismus. Ihr Charakter ist aber zweigespalten dahingehend, dass sie eine Verankerung in den Massen des Proletariats und ihrer Organe, allen voran der Gewerkschaften, hat. Diese Verankerung ist in erster Linie historisch bedingt, da die Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg eine im großen und ganzen eine den Arbeiterinteressen entsprechende Politik betrieben hat und damit eine Massenverankerung in der ArbeiterInnenklasse schuf. In den letzten hundert Jahren hingegen hat die SPÖ mehr als klar bewiesen, dass sie nicht mehr den Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter dient, sondern vielmehr denen der Kapitalisten. Sie hat auch besonders stark an Unterstützung unter den ArbeiterInnenmassen verloren und bei den letzten Nationalratswahlen 2008 mit Einbußen von minus 6.1% eine historische Niederlage eingefahren. Das hängt sowohl mit der Tatsache zusammen, dass sie seit dem Zweiten Weltkrieg mit Ausnahme weniger Jahre immer an der Regierung beteiligt war und so gut wie jeden Angriff gegen die Interessen des Proletariats nicht nur mitgetragen sondern oft auch mitentwickelt hat. Zu einem der größten Angriffe gehört unter anderem die massive Privatisierungspolitik der 90er Jahre. Aber auch die SPÖ-Gewerkschaftspolitik, die einen faulen Deal nach dem anderen erwirkt hat, hat zum Abbau der Massenunterstützung beigetragen. Ein krönendes Beispiel des Verrates war der Verkauf der BAWAG und die faktische Verspekulierung des Streikfonds. Weiter hängt auch damit zusammen, dass sie immer mehr Organe der direkten Verbindung mit den ArbeiterInnenmassen aufgelöst hat. Trotz ihrer verräterischen Politik und der Tastache, dass sie massiv an Unterstützung verloren hat, ist die SPÖ heute noch immer eine bürgerliche Arbeiterpartei. Sie ist die einzige Arbeiterpartei mit Massenunterstützung, die zu den Wahlen antritt und sieht sich derzeit bei Umfragen an der Spitze mit etwa 27%.
3. Die RKOB ruft für diese Wahlen zu einer kritischen Wahlunterstützung der SPÖ auf. Wir haben keinerlei Illusionen in die SPÖ-Bürokratie und wissen, dass diese permanent Verrat an den Interessen der ArbeiterInnenklasse geübt hat und auch weiterhin üben wird. Ihre Politik dient der bürgerlichen Klasse und nicht den ArbeiterInnenmassen, die sie wählen und mit ihr in der ArbeiterInnenbewegung organisiert sind. Sie ist eine Schande der ArbeiterInnenbewegung und die größte Verräterin an unserer Sache. Aber Wahltaktiken einer revolutionären Organisation, die selbst zu schwach ist um bei den Wahlen anzutreten, dienen dazu, der Vorhut der Arbeiterbewegung eine Orientierung zu geben, wie sie das Klassenbewußtsein der Masse des Proletariats heben können. Tatsache ist, dass die SPÖ die einzige ArbeiterInnenpartei in Österreich ist, die nach wie vor die Unterstützung der fortgeschrittener Teile der ArbeiterInnenklasse genießt und des öfteren zwar nur als kleineres Übel aber doch als einzige wählbare Vertretung der ArbeiterInnenklasse gesehen wird. Gerade in diesem Wahlkampf bringt die SPÖ sich wieder als „Partei der Arbeit“ ein und stellt die Sicherung der Pensionen, des Bildungssystems und der Arbeitsrechte in den Vordergrund. Ziel von RevolutionärInnen muss es sein, diese Illusionen der Arbeiterklasse zu brechen. Das ist ein langer Prozess und die Wahltaktik ist nur eine von vielen notwendigen Taktiken. Wir sagen den ArbeiterInnen: „Bringen wir die SPÖ erneut in die Regierung aber schenken wir ihr kein Vertrauen! Zwingen wir sie durch Massenmobilisierung der ArbeiterInnenbewegung, mit Streiks bis hin zum Massenstreik, den geplanten Angriffen der herrschenden Klasse auf unsere Rechte Widerstand entgegenzusetzen!“ Eine solche Bewegung kann auch die Basis dafür sein, die SPÖ ein für alle Mal vor allen ArbeiterInnen, die sie unterstützen als das zu entlarven was sie ist: Eine Agentin der Kapitalisten in den Reihen unserer eigenen Bewegung.
4. Die letzten Nationalratswahlen 2008 waren geprägt von einer offensichtlichen Neuorientierung, einer offensiven Suche nach Alternativen seitens der Avantgarde der ArbeiterInnenklasse. Die SPÖ stand auf einen Tiefpunkt und hatte sich durch eine Reihe von Skandalen manövrieren müssen. Damals gab es keine ausreichende Mobilisierung für den Aufbau einer neuen ArbeiterInnenpartei. Das ändert nichts daran, dass die Losung der Gründung einer neuen ArbeiterInnenpartei eine wichtige Antwort auf dieses Suchen gewesen ist und diese nach wie vor von Bedeutung ist. Gerade die kommenden Monate und Jahre werden davon geprägt sein, dass die kapitalistische Krise mit allen Konsequenzen sich (wie immer verspätet) auch in Österreich voll entfaltet. In dieser Zeit wird das Bedürfnis breiter Teile der ArbeiterInnenklasse nach einer Alternative zur SPÖ deutlich stärker werden. Der Aufruf an alle klassenbewußten ArbeiterInnen eine solche Alternative aufzubauen, eine Neue ArbeiterInnenpartei zu schaffen, die unserer Meinung nach auf revolutionärer Grundlage stehen soll, ist daher eng mit unserer Wahltaktik der kritischen Wahlunterstützung der SPÖ verbunden. Ganz anders sieht die Sache bei der Einschätzung der übrigen Wahlparteien aus.
5. Die Österreichische Volkspartei (ÖVP) ist die zentrale bürgerliche Partei, die Speerspitze der Kapitalisten in der Politik. Sie ist für keinen Arbeiter, für keine Arbeiterin in irgendeiner Form eine wählbare oder unterstützenswerte Partei. Alleine die Tatsache, dass sie derzeit am Fall des Zehn-Stunden-Arbeitstages und der Einführung des Zwölf-Stunden-Arbeitstages sitzt, dass sie die Wirtschaftskammer anleitet und eng mit ihr verbandelt ist und vieles mehr läßt die meisten ArbeiterInnen mit auch nur einer Ahnung von Klasseninteresse die ÖVP ablehnen. Kein Wunder also, dass sie ihre Unterstützung vor allem aus den Reihen der Kapitalistenklasse, der Bauernschaft und der oberen Mittelschicht bezieht. Dementsprechend liegt ihr derzeitig prognostiziertes Wahlergebnis auch bei etwa 25%.
6. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist in erster Linie im Kleinbürgertum und der unteren Mittelschicht verankert, wird aber auch von bestimmten Flügeln der Kapitalistenklasse gepusht. Sie rekrutiert ihre Wähler darüber hinaus auch in rückschrittlichen Teilen der ArbeiterInnenklasse, die mit ihr auf eine radikalere Lösung der sozialen Probleme hofft. Die Politik der FPÖ ist klar bürgerlich und hat ihren wahren Charakter im Zuge der Schwarz-Blauen-Regierung 2000-06 gezeigt. Durch ihren starken und dumpfen Rassismus spaltet und benebelt sie die Arbeiterklasse. Mit ihrem Nationalismus dient die FPÖ den strategischen Interesse der Kapitalistenklasse, steht damit aber auch den kurzfristigen Interessen der Konzerne des öfteren im Weg (so zum Beispiel bezüglich der EU oder dem Zuzug von MigrantInnen). Sie ist daher nicht die zentrale Partei des Bürgertums. Ihr Hauptprofil liegt im Zuge ihres Rassismus auch darin, gegen MigrantInnen zu hetzen und diese als Sündenbock für die Angriffe der Kapitalisten zu nutzen. Selbst ihr bislang relativ „milder“ Wahlkampf, der mit der zentralen Nutzung des christlich geprägten Begriffes „Nächstenliebe“ versucht mit der ÖVP zu kokettieren und sich als Regierungspartnerin attraktiver zu machen, löst sich nicht von der offen rassistischen Hauptlinie ihrer Politik. Für die FPÖ werden etwa 18% vorausgesagt, wobei sie traditionell bei Umfragen immer schlechter abschneidet als sie real bei den Wahlen bekommt. Kein Arbeiter, keine Arbeiterin mit nur einem Funken Klasseninstinkt sieht diese Partei als wähl- oder unterstützbar an. Sie ist eine Partei, die besonders gerne dann an die Macht gebracht wird von den bürgerlichen Kreisen, wenn es darum geht scharfe und offene Angriffe ohne Kompromisse der ArbeiterInnenklasse gegenüber zu fahren.
7. Das Team Stronach (TS) ist eine neu gegründete Wahlpartei, die hauptsächlich der FPÖ und teilweise auch der ÖVP Konkurrenz macht. Ihr Charakter ist klar bürgerlich und sie widerspiegelt die Suche bestimmter Flügel der Kapitalistenklasse nach einer Neuorientierung in der gegenwärtigen Periode der tiefen kapitalistischen Krise. Auch wenn ihr ganze 7-10% prognostiziert werden, ist es abzuwarten wie lange sich diese Partei überhaupt halten wird und ob sie den Sprung ins Parlament dauerhaft schafft. So wie ÖVP und FPÖ ist sie für ArbeiterInnen nicht wählbar.
8. Die GRÜNEN beziehen ihre Verankerung, ähnlich wie die FPÖ, in erster Linie im Kleinbürgertum und den Mittelschichten (wenn auch in vollkommen anderen Teile dieser Schichte bzw. Klasse). Sie sind das individualistisch anmutende, pseudo-weltoffene-multikulti Pendant und werden sowohl von bestimmten (wenn auch kleineren) Kreisen der Kapitalistenklasse als auch zentral von der Mittelschicht unterstützt. Ihre Unterstützung in der ArbeiterInnenklasse ist unbedeutend und wird nur durch die verzweifelten ArbeiterInnen abgedeckt, die eine SPÖ nicht mehr wählen wollen und keine andere Partei als die GRÜNEN mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Ihnen wird derzeit ein Wahlergebnis von etwa 16% eingeräumt.
9. Die übrigbleibenden Parteien, das BZÖ, die NEOS, die KPÖ und die Piraten haben zwar teilweise verschiedene Klassencharaktere sind aber allesamt mit unter 5% für diese Wahlen irrelevant. Vom proletarischen Standpunkt sind bürgerliche Parteien wie das BZÖ und die NEOS sowieso nicht wählbar. Chaotisch-kleinbürgerliche Kräfte wie die Piraten werden derzeit höchstens von verzweifelten oder amüsierten Teilen des Kleinbürgertums und des Lumpenproletariats unterstützt. Die KPÖ dagegen wird auch von klassenbewußteren ArbeiterInnen durchaus das eine oder andere Mal in Erwägung gezogen. Auch wenn sie eine kleine bürgerliche Arbeiterpartei ist, sticht sie mit einem links-radikaleren Programm im Vergleich mit der SPÖ hervor. Im Gegensatz aber zu anderen Ländern, in denen Kommunistische Parteien einen Masseneinfluß in der ArbeiterInnenklasse genießen, kann davon bei der KPÖ (ausgenommen der Steiermark) überhaupt nicht die Rede sein. Trotz radikalerer Worte ist ihre Politik in letzter Instanz nicht sonderlich anders als die der Sozialdemokratie und sie ist daher in Kombination mit ihrem mangelnden Einfluß unter den Massen keine relevante Wahlalternative.
10. Ein nicht unwichtiger Faktor bei den Wahlen ist der Nichtwähleranteil. Dieser lag beim letzten Mal auf 21% und damit mehr als doppelt so hoch als in den 80er Jahren. Die Unzufriedenheit mit den Wahlparteien und die Frustration gegenüber der bürgerlich geführten Politik sind mehr als verständlich. Dennoch drückt dieser Nichtwähleranteil nicht unbedingt aus, dass es keine Illusionen mehr in die bürgerliche Demokratie oder auch nur die bürgerlichen Wahlen gebe. Die RKOB sagt zwar klar, dass es sich beim Parlament um eine bürgerliche Quatschbude handelt und die Frustration mehr als verständlich ist. Wir sagen zwar, dass die bürgerlichen Wahlen in erster Linie eine Farce sind und mit echter Demokratie der unterdrückten Massen nichts gemein haben. Das ändert aber nichts daran, dass im jetzigen Stadium des Klassenkampfes das Klassenbewußtsein noch nicht soweit ist, als das es keine breit gestreute Illusion in die bürgerliche Wahl gebe. Sich davon abzuwenden und sie zu ignorieren würde bedeuten sich von einer Bühne abzuwenden, bei der die Massen sich politisch äußern sowie den Verzicht auf ein demokratisches Recht (eines der wenigen in diesem System). Die Antwort von revolutionären KommunistInnen lautet auch hier vielmehr Angriff und nicht Flucht! Angriff bedeutet die genannten Wahltaktiken aufzustellen für diese konkrete Wahl und sie zu verbinden mit einem langfristigen Ziel. Dieses ist der Aufbau einer revolutionären Kampfpartei der ArbeiterInnenklasse, die sich nicht nur der Anleitung der Avantgarde der ArbeiterInnenklasse im tagtäglichen Klassenkampf verschreibt sondern den Sturz des Kapitalismus als solches durch einen bewaffneten Aufstand – durch eine Revolution – anstrebt. Dem Aufbau einer solchen Partei widmet sich die RKOB in Österreich und International.