Stellungnahme der RKO BEFREIUNG, 30. Juni, www.rkob.net
1. Die Regierung von ÖVP und FPÖ hat über eine Sonderregelung den § 7 Abs 4 im Arbeitszeitgesetz geändert und den 12-Stunden Arbeitstag normalisiert. In harten Fakten gesprochen bedeutet das den Wegfall eines Gutteils der Überstundenzuschläge, einen 14-Stunden Arbeitstag wenn Fahrtzeiten hinzugerechnet werden, die faktische Einführung der 60-Stunden oder genauer gesagt der 70-Stunden (Fahrtzeit!) Woche bei gleichbleibendem Lohn, Erhöhung der erlaubten Überstundenzahl von 320 auf 416 im Jahr, ein Durchrechnungszeitraum von mindestens einem, wenn nicht zwei Jahren für Zeitausgleich und damit das endgültige Ende der Möglichkeit auf selbstbestimmte Freizeit für uns ArbeiterInnen und Arbeiter.
2. Die RKO BEFREIUNG lehnt diesen massiven Angriff auf die Rechte und das Leben von uns ArbeiterInnen ab und fordert die Gewerkschaften sowie alle fortschrittlichen Organisationen dazu auf konsequente Kampfmaßnahmen gegen diesen Generalangriff zu ergreifen. Dazu gehört die praktische und sofortige Vorbereitung eines unbefristeten Generalstreiks. Die größte Gefahr für uns ArbeiterInnen ist nicht der Angriff der Regierung als solches, sondern der mangelnde Wille der Gewerkschaftsführung alle erforderlichen Schritte zu setzen um diese Gesetzesänderung nicht nur für den kurzen Moment sondern auch für die Zukunft zu verhindern. Unsere größte Chance ist gleichzeitig die große Empörung gegen diesen Angriff, der sich auf eine absolute Mehrheit der ArbeiterInnen erstreckt und daher ein hervorragendes Potential für erfolgreichen Widerstand darstellt! Diese Chance gilt es unbedingt zu nutzen!
3. Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte bei einer Sondersitzung des Nationalrates am 29. Juni, es gebe keinen Grund sich aufzuregen, da es sich bei diesem Arbeitszeitmodell um nichts neues handle. Tatsächlich gibt es den 12 Stunden-Tag schon längst für eine Reihe von Berufsgruppen wie zum Beispiel Berufe im Pflegebereich, im Bau und der Tourismusbranche. Erstens sind es gerade auch diese Berufsgruppen die zusätzliche Verschlechterungen erfahren sollen durch die Arbeitszeitänderung. So werden Ruhezeitverkürzungen im Tourismus auch auf die Zeiten außerhalb der Saison ausgedehnt, weshalb ArbeiterInnen in dieser Branche in Zukunft an 365 Tagen im Jahr nur 8 (!) Stunden Ruhezeit bekommen sollen. Zweitens zeigen uns auch gerade diese Branchen wie negativ sich die übermäßige Arbeitszeit auf die Lebensqualität ausdrückt. 4 von 10 Beschäftigten im Pflegebereich sind aktuell von Burnout betroffen. Dasselbe gilt für Tourismus und alle anderen Branchen mit entsprechende prekären Arbeitszeiten. Drittens ist die Existenz des 12-Stundentages in bestimmten Branchen erst Recht ein Grund dieses Übel wieder loszuwerden und einen Befreiungsschlag für unsere KollegInnen in diesen Bereichen zu erkämpfen!
4. Frauen sind besonders schlimm von dem Angriff der Regierung betroffen. Haushalt und Kindererziehung wird nach wie vor in erster Linie von Frauen geleistet. Im Schnitt sind das 27 Stunden unbezahlte Arbeitzeit in der Woche die Frauen leisten. Im Vergleich sind es 11 Stunden in der Woche bei Männern. 70 bis 80% der pflegenden Angehörigen sind Frauen. 90% der Alleinerziehenden sind Frauen! Die Einführung des 12-Stunden Arbeitstages bedeutet einen nicht zu schaffenden Spagat für uns Arbeiterfrauen, da es faktisch keine Kinderbetreuungseinrichtungen gibt, die im täglichen Ausmaß von 14 Stunden Betreuung anbieten. Hinzukommt, dass für die meisten Arbeiterfrauen eine so umfassende Kinderbetreuung gar nicht finanzierbar ist. Der 12-Stunden Tag ist daher auch eine “Frauen-zurück-an-den-Herd”-Maßnahme der neuen, schwarz-blauen Regierung.
5. Die Anhänger der FPÖ haben sich zu einem großen Teil überrascht und empört über diesen Regierungsbeschluss gezeigt. Viele haben spontan über Facebook ihre Empörung auf der Fanseite von HC Strache kundgetan – eine Seite, die sie sonst für rassistische Jubelrufe nutzen. Der rückschrittliche Charakter der FPÖ-Anhänger zeigt sich auch in ihrer ehrlichen Empörung über die getroffenen Maßnahmen. Den (ehemaligen?) Fans der FPÖ sagen wir ganz klar: “Habt ihr denn wirklich geglaubt, die Angriffe gegen Muslime und Migranten wird euren Lebensstandard erhöhen? Nein, diese Angriffe verschlechern das Leben der sowieso schon armen und unterdrückten Migranten und Muslime und erleichtern es der Regierung auch Angriffe gegen euch zu fahren.” Wann, wenn nicht jetzt wird offensichtlich, dass die FPÖ eben nicht die Partei des “kleinen Mannes” ist sondern höchsten die Partei des “kleingeistigen Mannes”!?
6. Viele Hoffungen werden in die Gewerkschaften und ihre versprochenen Kampfmaßnahmen gesetzt. In der Tat sind Gewerkschaften dazu da, mit allen Mitteln und so kämpferisch wie nur möglich unsere Interessen zu vertreten. Traurigerweise aber werden die Gewerkschaften von Bürokraten geführt, deren Lebensstil denen von Managern nicht unähnlich ist. Dementsprechend haben sie ein Rückrat wie ein Gummischlauch. SPÖ Mandatar und Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch meinte an die Regierung gerichtet: “Ziehen Sie den Antrag zurück, arbeiten wir an einem neuen Gesetz und setzen wir dafür eine sechswöchige Begutachtung an. Ich garantiere: Im September kann es beschlossen werden.” In der Zeit eines solch scharfen Angriffs auf uns ArbeiterInnen sagen Funktionäre wie Muchitsch nicht “Lasst uns kämpfen!” zu den ArbeiterInnen sondern “Lasst uns doch reden und gemeinsam eine Lösung (sprich eine mildere Form der Verschlechterung) finden!” zu den ArbeiterInnenfeinden der ÖVP und FPÖ. Diese Taktik hat dazu geführt, das schon in den vergangenen Jahren Branche für Branche gekippt ist und ein relevanter Teil der Arbeiterklasse heute sowieso schon den 12-Stunden Arbeitstag hat. Die Strategie der Gewerkschaftsbürokraten ist schlicht und ergreifend uns langsamer ausbluten zu lassen und damit (wie sie hoffen) weniger bemerkbar und ohne Widerstand der Basis. Ihre Posten sind ihnen das Heiligste. Was wir aufbauen müssen ist eine kämpferische Basisbewegung in den Gewerkschaften, die nicht nur bereit ist Druck auf die Bürokraten auszuüben sondern auch ihren Ausschluß aus der Gewerkschaft umzusetzen, wenn sie nicht bereit sind die Interessen der ArbeiterInnen zu vertreten wie es sich gehört.
7. Der Angriff der Regierung umfasst nicht nur einen Angriff auf die Arbeitszeit als solches. Sie trifft nicht nur sowieso schon angeschlagene Branchen noch stärker. Sie geht auch Hand in Hand mit einem massiven Angriff auf die Organisierung der ArbeiterInnen. Die neue Gesetzesänderung sieht auch vor, dass deutlich mehr betrieblich vereinbart wird – eben auch ohne Zustimmung eines Betriebsrates, falls dieser überhaupt existiert. Vizekanzler und FPÖ-Chef H.C. Strache bezeichnet das als eine Zunahme der Freiwilligkeit und gegen die “Zwangsvertretung” der ArbeiterInnen. In anderen Worten: Zwang soll ja nur von den Chefinnen und Chefs, sprich den KapitalistInnen und deren Helfershelfern gegen die ArbeiterInnen ausgeübt werden können. In Wirklichkeit bedeutet eine solche angebliche Zunahme an Freiheit nur eine massive Abnahme an Möglichkeit sich mit einem Betriebsrat zusammen zu tun. Denn letztlich wissen die Vorgesetzten sehr gut, welche ArbeiterInnen “renitent” sind und zum Betriebsrat gehen und welche nicht. Entsprechend wird es noch leichter werden für Manager und Co. ArbeiterInnen individuell unter Druck zu setzen. In bestimmten Mindestgehaltzahlenden Konzernen wird schon intern von Managern gegenüber ArbeiterInnen posaunt: “Wir sind ein so soziales Unternehmen, das wir gar keinen Betriebsrat brauchen!”.
8. Der derzeitige Angriff kann und muss mit aller Konsequenz zurückgeschlagen werden. Umfragen zu Folge sind sich über 60% sicher, es handle sich um einen Angriff auf die ArbeiterInnen und es sind immerhin über 40% streikbereit während weitere 20% der Idee positiv gegenüberstehen. Das ist ein starkes Signal für die grundsätzliche Möglichkeit einen Generalstreik zu organisieren. Die Bereitschaft JETZT entschlossen anzukämpfen gegen die Angriffe ist so hoch wie schon seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Ein unbefristeter Generalstreik ist nicht nur eine Option, er ist eine Notwendigkeit. Jede andere Kampfmaßnahme wird nicht zum vollen Erfolg führen sondern höchstens einen momentanen und kurzfristigen Erfolg bedeuten.
9. So wichtig es ist einen Generalstreik abzuhalten, um die Angriffe erfolgreich abzuwehren, umso wichtiger ist es einen solchen Generalstreik entsprechend vorzubereiten und zu organisieren. Wir müssen sofort beginnen Streikversammlungen in Betrieben zu organisieren, an denen konkrete Maßnahmen von der Basis aus beschlossen werden. Es ist absolut notwendig all diejenigen “Gewerkschaftsmitglieder” von solchen Versammlungen fern zu halten, die einen Managerposten bekleiden und ein dementsprechendes Hindernis für die ArbeiterInnen darstellen offen ihre Ansichten zu vertreten. Ebenso müssen die Funktionäre der Gewerkschaft sofort abgesetzt werden, die nicht willens sind die U-Abstimmungen zu 100% und sofort umzusetzen. Es ist notwendig Streikkommittees in den Betrieben zu schaffen, die unabhängig von den Funktionären die Interessen der Basis umsetzen! Die Kampagne für den Generalstreik muss verbunden werden mit einer Solidaritätskampagne mit allen MigrantInnen und Muslimen, die Opfer der rassistischen Hetze der Regierung sind. Nicht nur machen MigrantInnen und Muslime einen sehr relevanten Anteil der ArbeiterInnen aus. Sie sind auch wichtige, strategische Verbündete im Kampf gegen die aktuelle Regierung, da sie besonders von dieser diskriminiert werden. Ebenso muss der Rassismus in den Reihen der ArbeiterInnenbewegung mit allen Mitteln bekämpft werden. Es ist komplett absurd, dass die FPÖ mit den Freiheitlichen Arbeiternehmern eigene, rückschrittliche und rassistische Betriebsstrukturen unter uns ArbeiterInnen geschaffen hat! Ein solcher Einfluß in unserer eigenen Bewegung muss mit allen Mitteln zurückgedrängt werden!
10. Der Generalstreik darf nicht auf eine einmalige Aktionen, auf einen Tag oder zwei Tage reduziert werden. Er muss unbefristet geplant und organisiert sein, um letztlich nicht nur diesen Angriff, sondern die Regierung selbst zu Fall zu bringen. Organe, wie Selbstverteidigungskomitees um sich gegen Übergriffe der Polizei sowie gegen Rechtsradikale zu verteidigen, müssen gebildet werden. Ein solcher unbefristeter Generalstreik wirft auch die Frage auf: Wer hat die Kontrolle im Land? Es wird höchste Zeit, das die Antwort darauf lautet: Wir, die ArbeiterInnen! Nur eine ArbeiterInnenregierung, gestützt auf revolutionären Forderungen und einem entsprechenden, revolutionären Aufstand, kann erreichen was unser aller Ziel sein muss: Eine Erhöhung der Lebensqualität, Verbesserung der Gesundheit, der Bildung und des Sozialsystems für alle, insbesondere die gesellschaftlich bisher immer Benachteiligten und Unterdrückten! Eine solche ArbeiterInnenregierung kann den Weg hin zu einer freien Gesellschaft der Gleichberechtigung, den Weg hin zum Sozialismus ebnen! Höchste Zeit für eine revolutionäre Partei, die sich diesem Ziel konsequent verschrieben hat. Hilf mit beim Aufbau einer solchen zukünftigen Partei! Schließ dich der RKO BEFREIUNG an!