Alle heraus zur Demonstration am 15.Oktober 2011
von Nina Gunić
Dieses Jahr findet am 15. Oktober ein weltweiter Aktionstag gegen die Abwälzung der kapitalistischen Krise auf die Schultern der ArbeiterInnen und Jugendlichen statt. Die Revolutionär-Kommunistische Organisation zur Befreiung (RKOB) ruft zu einer breiten Teilnahme an diesem Tag auf.
Dieser internationale Aktionstag muss als Startschuss für eine internationale Massenbewegung gelten, die sich nicht nur durch Platzbesetzungen auszeichnet, sondern sich auch auf die Betriebe und Ausbildungsstätten ausweitet. Wenn wir ernsthaft das weitere Abwälzen der Krise auf unseren Rücken bekämpfen wollen, gilt es in Zusammenarbeit mit den Platzbesetzungsbewegungen auch Streiks und vor allem unbefristete Generalstreiks zu organisieren. Um dies möglich zu machen, müssen wir Aktionskomitees und Selbstverteidigungseinheiten bilden, die durch Vollversammlungen von AktivistInnen demokratisch legitimiert werden.
Spanische Protestbewegung
Der 15.Oktober wurde als Aktionstag erstmals von der spanischen Protestbewegung „Democracia Real Ya!“ (Wahre Demokratie jetzt!) ausgerufen. Inzwischen haben sich in Österreich nicht nur eine Reihe von humanitären Einrichtungen wie Greenpeace oder SOS Mitmensch dafür ausgesprochen, sondern sogar auch die Gewerkschaft des Dienstleistungssektors, VIDA.
Diese breite Unterstützung des Aktionstages hängt sehr stark mit dem Charakter des internationalen Aufrufes der spanischen Protestbewegung zusammen. Im Aufruf heißt es unter anderem: „Unter dem Druck der Finanzherrschaft arbeiten unsere Regierenden zugunsten ein paar weniger, ohne sich um die sozialen, menschlichen und ökologischen Kosten zu kümmern, die dadurch entstehen können. Die herrschenden Klassen rauben uns das Rechts auf eine freie und gerechte Gesellschaft, indem sie Kriege mit wirtschaftlichen Zielen führen und ganze Völker ins Elend stürzen. Deshalb laden wir euch ein, euch diesem gewaltlosen Kampf anzuschliessen, indem ihr die Botschaft verbreitet, dass wir gemeinsam diese unannehmbare Situation ändern können. Nehmen wir uns die Strasse am 15. Oktober! Es ist Zeit, dass sie uns zuhören. Gemeinsam werden wir unsere Stimmen erheben.“ Diese Betonung auf friedliche Proteste findet sich an mehreren Stellen und bildet ein zentrales Merkmal.
Friedliche Illusionen
Doch wie wir sehen konnten – sowohl an der Bewegung in Spanien als auch an den bisherigen Erfolgen der „Wall Street Occupation“ Bewegung – ermöglicht diese Betonung auf friedliche Proteste zwar eine breitere Unterstützungsfront von seiten der Medien für eine gewisse Zeit. So finden sich selbst kirchliche Einrichtungen, die damit Sympathie hegen.
Gleichzeitig aber beraubt eine solche Politik der Bewegung dessen, was sie für einen tatsächlichen Erfolg braucht: Militanter Klassenkampf! Die herrschende Klasse - die KapitalistInnen und ihre politischen Handlanger – fürchten keine friedlichen Massenproteste auf der Straße. Im Gegenteil: Diese bilden ein Ventil, um den Frust der breiten Masse in das System in relativ ungefährliche Bahnen zu lenken. Die Wirtschaft wird nicht angekratzt, die Unannehmlichkeiten halten sich in Grenzen und zudem wird das Ganze auch noch als Beweis der „(Meinungs-)Freiheit“, die wir im Kapitalismus angeblich haben, herangezogen. Gleichzeitig wittern die DemokratInnen in den USA und die SozialdemokratInnen in Europa die Möglichkeit, solche Bewegungen als fruchtbaren Boden für eine zukünftige Wahlmobilisierung zu sehen. Ein Barack Obama kann daher getrost offen Sympathie für die Bewegung äußern und dabei auf einen Stimmenzuwachs bei der nächsten Wahl hoffen.
Wie schnell würden sich seine Miene und seine Unterstützung dagegen verfinstern, wenn wir anfangen auch betriebliche Kämpfe in einem massenhaften Ausmaß zu organisieren? Wenn die UnternehmerInnen plötzlich mit Massenstreiks zu kämpfen haben, die ihre Profite in den Keller treiben? Wie freudig würde er es als Ausdruck „echter Demokratie“ begrüßen, wenn die Bewegung anfängt, sich militant gegen die Polizeiübergriffe zur Wehr zu setzen? Wenn sie nicht nur die Plätze besetzt, sondern auch Ketten gegen Polizeiangriffe bildet, Straßenschlachten führt und vielleicht sogar – wie in Ägypten und Tunesien – Polizeiwachen angreift?
Natürlich ist die Antwort darauf mehr als offensichtlich: Der Polizeiapparat – vielleicht sogar das Militär – würden mit voller Wucht eingesetzt werden, um das Ganze so gut es geht blutig niederzuschlagen. Die „Freiheit“ im Kapitalismus endet nämlich an den engen Grenzen des Systems. Unbefristete Massenstreiks, militante Organisierungen, eine revolutionäre Bewegung schlagen gegen diese Grenzen und können von der herrschenden Klasse niemals toleriert werden. Wenn die Polizei auf die Besetzung der Brooklyn Bridge in New York – die mit Sitzprotesten (!) sehr friedlich durchgeführt wurde – mit der Verhaftung von 700 AktivistInnen reagiert, dann ist klar, welche Antwort die Polizei auf Straßenschlachten geben wird.
Enteignung der Superreichen
Die Bewegung braucht ein Aktionsprogramm, dass auf Versammlungen diskutiert und als öffentliche Plattform beschlossen wird. Ein solches Programm sollte Antworten auf die dringendsten Nöte der Menschen beinhalten. Dazu gehören Forderungen gegen jede Kürzung im Sozial- und Gesundheitsbereich sowie den Pensionen, gegen Entlassungen und Lohnkürzungen, gegen die Unterdrückung der MigrantInnen, gegen die Allmacht der selbstherrlichen Polizei und anderer Organe des Staatsapparates usw. Die Bewegung muss aber auch Losungen ins Zentrum rücken, die eine Antwort auf die wesentlichen Herausforderungen der kapitalistischen Krise geben. Dazu zählen v.a. die Verstaatlichung der Banken und Finanzinstitute unter Kontrolle der Beschäftigten, die Streichung aller Schulden sowie die Abschaffung der Börse und die Verstaatlichung des dort gehandelten Vermögens bei vollständiger Entschädigung aller kleinen AktienbesitzerInnen. Ebenso wichtig ist der Kampf für ein öffentliches Beschäftigungsprogramm zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit und dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur.
Einen zentralen Platz muss dabei die Losung nach Enteignung der Superreichen einnehmen. Denn die Wall Street und die reiche Elite können nicht durch Reformen und Regulationen kontrolliert werden. Dies ist eine Illusion, der von ATTAC, Sozialdemokratie und KPÖ geschürt wird und die sicherlich auch viele AktivistInnen in der Bewegung teilen. Doch wer zahlt, schafft an. Das Großkapital besticht auf vielfältige Weise den Staatsapparat und die Politiker. Kann man ernsthaft annehmen, dass die Staatsbeamte und Parlamentsabgeordnete – die durch Lobbying, Wahlkampfspenden, Vergünstigungen und Karriereaussichten in der Privatwirtschaft durch und durch korrumpiert sind – die Börse und die Konzerne kontrollieren würden?! Ebensowenig ist es möglich, durch eine Reichensteuer die notwendige Umorientierung in der Wirtschaft und Gesellschaft herbeizuführen. Eine solche Steuer beschafft nicht die notwendigen Mittel und läßt den Reichen die Möglichkeit, steuerliche Schlupflöcher zu finden oder ihr Kapital ins Ausland zu transferieren. Die jüngsten Skandale beweisen, wie trickreich die Kapitalisten bei der Geldwäsche und Steuerhinterziehung sind.
Systemwechsel zum Sozialismus
Nein, nur durch die Enteignung der Kapitalistenklasse kann die Wirtschaft unter die Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung gebracht werden. Doch eine solche Enteignung ist letztlich nur durch eine sozialistische Revolution – also dem gewaltsamen Sturz der herrschenden Klasse durch die ArbeiterInnenklasse und die unterdrückten – und dem Aufbau einer räte-demokratischen, sozialistischen Gesellschaft möglich. In einer solchen sozialistischen Gesellschaft würde die politische Entscheidungsfindung nicht mehr in abgehobenen Kongressen und Senaten stattfinden, sondern in von unten nach oben aufgebauten Räten, deren Delegierte von der Basis jederzeit kontrolliert und abgewählt werden können.
Doch – im Gegensatz zu den Illusionen, die bewusst von den FührerInnen der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften, usw. vorgegeben werden – ist es nicht möglich, auch nur reale Reformen zu erkämpfen ohne scharfen Klassenkampf von unten. In Zeiten der tiefen kapitalistischen Krise weltweit, wird sogar jede Reform blutigst von der ArbeiterInnenklasse erkämpft, geschweige denn ein tatsächlicher Systemwandel, der den populären Spruch: „Menschen statt Profite“ erfüllt.
Auch die Arabische Revolution, sprich die Massenproteste in Tunesien, Libyen, Ägypten, usw. – sind mit tausenden Toten einhergegangen. Erst der Start von Streiks in Schlüsselsektoren (wie die TextilarbeiterInnen in Ägypten), wie auch die massiven Straßenschlachten haben die Platzbesetzungsbewegung zu einer realen Gefahr für die herrschende Klasse gemacht und den Sturz diverser Diktatoren erzwungen. Wenn die jetzigen Platzbesetzungsbewegungen tatsächlich Erfolge in ihrem Kampf erreichen wollen, ist ebenso der organisierte Kampf der ArbeiterInnenklasse in Verbindung mit den Platzbesetzungen, wie auch ein militanter Kampf der gesamten Bewegung zentral.
Gleichzeitig ist ein tatsächlicher Systemwechsel notwendig, um diverse Forderungen der Bewegungen nach „Echter Demokratie“ zu erreichen. Das ist aber nur durch einen organisierten, gewaltsamen Aufstand der ArbeiterInnen und Unterdrückten, sprich durch eine sozialistische Revolution, möglich. Mögen die falschen Moralaposteln in den Reihen der ReformistInnen und GewerkschaftsbürokratInnen sich darüber noch so laut empören: Die echte Demokratie, ein Wirtschaften nach dem Interesse der Menschheit und nicht der einzelnen KapitalistInnen in ihrer Profitgier, lässt sich nur durch militante Organisierung einer sozialistischen Revolution erkämpfen.
Revolutionäre Partei
Gerade weil diese falschen reformistischen Moralapostel aus den Reihen der Bürokratie und der liberalen Intellektuellen einen solchen Kampf nicht nur aus ideologischen, sondern in erster Linie aus materiellen Interessen heraus ablehnen, müssen wir eine kampfbereite Alternative aufbauen. Die ReformistInnen lassen sich durch schicke Autos, große Gagen, finanzielle „Belohnung“ für das Streben nach Verhandlungen mit den KapitalistInnen bestechen, also brauchen wir eine unbestechliche Führung unserer Proteste! Eine Führung, die uns nach vorne bringt, uns organisiert, uns im Kampf gegen das System schult.
Wir brauchen eine Partei, die eine Revolution bis zur vollen Konsequenz – dem gewaltsamen Sturz der herrschenden Klasse, die Zerschlagung des kapitalistischen Systems durch eine sozialistische Revolution – zu führen bereit ist. Dem Ziel, eine solche konsequent revolutionäre Partei aufzubauen, haben wir uns von der RKOB verschrieben. Wir schmieden diese Partei aus den lebendigen Erfahrungen der Klassenkämpfe, an denen wir gestern teilnahmen, die wir heute erleben, und die wir auch morgen führen werden.
So rufen wir auch zur Teilnahme am 15. Oktober auf und sind selber Teil dieser Bewegung. Wir sagen dabei gleichzeitig: Die Bewegung – wir alle – dürfen nicht dabei stehen bleiben „friedliche“ Demonstrationen und Platzbesetzungen abzuhalten. Es gilt nun die Bewegung zu stärken, ihr einen unzerstörbaren Panzer anzulegen, indem wir sie in den Betrieben, den Ausbildungsstätten und Bezirken mittels Aktionskomitees und Streikkomitees verankern. Es gilt den Weg des unbefristeten Generalstreiks zu gehen, um die herrschende Klasse dort zu treffen wo es diese schmerzt: der Wirtschaft. Es gilt aus dieser Bewegung nicht nur demokratische Strukturen wie es die Aktionskomitees sind herauszubilden, sondern aus diesen heraus ebenso eine revolutionäre Partei zu bilden, die unseren Kampf für „Echte Demokratie“ zur Vollendung führen kann:
Der sozialistischen Revolution und des Aufbaues einer wirklichen Demokratie – einer sozialistischen Gesellschaft für die Menschen, die tatsächlich keine Profite mehr kennt!
Keine Zukunft ohne Sozialismus! Kein Sozialismus ohne Revolution! Keine Revolution ohne revolutionäre Partei!