Von Nina Gunic
Egal woher wir kommen, egal welches Geschlecht wir haben, uns eint dass wir als Lehrlinge besonders ausgebeutet und unterdrückt werden. Auf dem Papier sind wir junge Arbeiterinnen und Arbeiter*, die in einer Ausbildung für einen späteren Beruf qualifiziert werden. Doch real werden wir die meisten Zeit (besonders schlimm nach dem ersten Lehrjahr) als billigste Hilfskraft für Alles eingesetzt. Durch uns sparen sich die Chefs, die Unternehmer oft etliche Reinigungskräfte, Hilfskräfte und oft sogar auch fertig ausgelernte, sprich qualifizierte Arbeiter und Arbeiterinnen.
Mehr als 68% von uns Lehrlingen im Handel mussten schon Überstunden machen, obwohl wir das nicht wollten und es sogar verboten ist. Ein Viertel davon haben noch nie Geld für diese Überstunden gesehen – mussten also „gratis“ arbeiten. Aber das ist nicht nur im Handel so. Wir dienen den Chefs, den Kapitalisten als billigste Arbeitskraft. In einer Berufsschulklasse mit Maurer- und Bodenleger-Lehrlingen bekommen im Schnitt nur zwei von 28 Berufsschülern überhaupt Schutzanzüge, Handschuhe und Atemschutz in der Arbeit.**
Es wird immer behauptet, wir verdienen so wenig Geld weil wir ja ausgebildet werden und daher nicht richtig als Arbeitskraft eingesetzt werden können. Doch die Wahrheit ist, dass wir als billigste Hilfskraft arbeiten. Ausbildung in unserer Lehre kommt kaum vor. Und wir werden auch jederzeit unter Druck gesetzt, dass wir unsere Lehrstelle verlieren wenn wir nicht alle (Hilfs-)Arbeiten machen, die uns gesagt werden. Das geht soweit, dass jeder zweite Lehrling Angst hat seine Lehrstelle zu verlieren und sich deswegen noch nicht einmal krank meldet. Viele Lehrlinge werden im letzten Abschnitt der Lehre (im dritten oder vierten Jahr) einfach entlassen. In einem KFZ-Betrieb wurde ein Lehrling im letzten Halbjahr entlassen mit der Begründung sie wäre als auszubildende Spenglerin nicht arbeitswillig genug gewesen.***
Dabei hat sie sogar zwei Stunden am Tag über die Arbeitszeit hinaus den Dreck der gesamten Belegschaft (inklusive leere Kaffeebecher, etc.) alleine wegräumen müssen – und das jeden Tag. Aber die Chefin hat die schlechte Arbeitsmoral natürlich nur erfunden um einen Grund für die Auflösung des Lehrvertrages vorbringen zu können.
Es gibt noch viel mehr Beispiele für die massive Ausbeutung und Unterdrückung von Lehrlingen, mit denen wir Bücher füllen könnten. Es liegt an uns jungen Arbeiterinnen und Arbeitern und Lehrlingen zusammen mit den anderen Kollegen, die sich mit uns solidarisieren wollen gegen die Chefs zu wehren!
Wir lassen uns nicht alles gefallen – sondern wehren uns dagegen! Gemeinsam fordern wir von der Gewerkschaft sich für unsere Interessen einzusetzen. Die Gewerkschaft darf nicht ein Haufen fetter Funktionäre sein, die sich dauernd bereichern und mit den Chefs gutstellen. Die Gewerkschaft muss unsere Schule für den Kampf gegen die Unterdrückung und Ausbeutung sein!
Wir fordern von den Führungen der Gewerkschaften:
* Beginnt eine große Kampagne um Lehrlinge für die Gewerkschaft zu gewinnen! Dazu gehört es für die Anhebung des Lehrlingsgehaltes auf einen Mindestlohn von 1300,- Euro netto monatlich zu kämpfen! Denn warum sollten Lehrlinge für Arbeiten die wir im Ausmaß von 40 Stunden in der Woche machen und die mindestens auf der Stufe von HilfsarbeiterInnen stehen zwischen 300,- und 700,- Euro bekommen? Kämpfen wir für: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
* Für die regelmäßige Kontrolle der Arbeitsbedingungen und der Schutzkleidung der Lehrlinge durch die Gewerkschaft, zusammen mit den Lehrlingen und den anderen Beschäftigten der Betriebe! Unternehmen, die Lehrlinge (wie auch andere Beschäftigte) gefährden, weil sie an der Sicherheit sparen, gehören verstaatlicht und unter die Kontrolle von uns Beschäftigten gesetzt!
* Jeder Betrieb mit mindestens fünf ArbeiterInnen muss sich verpflichten mindestens einen Lehrling aufzunehmen und auszubilden bis jeder einzelne Lehrling beschäftigt ist! Es ist eine Schande, dass sich Unternehmen das selber aussuchen können während tausende Lehrlinge in Werkstätten vermodern ohne eine Lehrstelle in einem Betrieb zu bekommen oder arbeitslos sind!
* Für den vollen Entlassungsschutz von Lehrlingen während der gesamten Lehrzeit! Warum soll es möglich sein, Beamten Pragmatisierung zu geben aber junge ArbeiterInnen, die ein Recht auf Ausbildung haben müssen bis zum Schluss Angst haben entlassen zu werden? Solange die Ausbildung dauert, sollen wir Lehrlinge im Betrieb bleiben können!
Weil die Führung der Gewerkschaft sich kaum um unsere Interessen kümmert, haben wir Lehrlinge derzeit auch kaum Mitbestimmungsrechte in den Gewerkschaften und Betriebsräten. Das muss sich sofort ändern!
Wir fordern:
* Volles Stimmrecht für Lehrlinge bei allen Betriebsversammlungen! Dazu gehört auch volles Stimmrecht des Jugendvertrauensrates im Betriebsrat! Es ist ein Witz, dass wir als Jugendvertrauensräte nur beratendes Stimmrecht bei Betriebsratssitzungen bekommen! Unsere Stimme und die Stimme unserer Kollegen ist nicht weniger Wert nur weil wir noch in der Ausbildung sind!
* Für die Schaffung von Lehrlingsabteilungen in allen Gewerkschaften, die sich für die Forderungen von uns Lehrlingen innerhalb der Gewerkschaft stark machen. Diese Abteilungen sollen aus Leuten bestehen die von uns Gewerkschaftsmitgliedern regelmäßig gewählt werden und jederzeit abgewählt werden können. Sie sollen uns gegenüber, wie auch den Kolleginnen und Kollegen die noch nicht in der Gewerkschaft sind in Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit Berichte über ihre Arbeit geben, damit wir sie direkt mit Arbeitsaufträgen und Kritik konfrontieren können.
* Jede Betriebsversammlung, jede Gewerkschaftsversammlung soll nur aus der Belegschaft bestehen die mit dem einstellen, befördern oder entlassen von Kollegen nichts zu tun haben! Es ist ein Witz, dass wir bei Gewerkschaftstreffen und Betriebsversammlungen oftmals die Personalchefs sitzen haben!
* Für den Ausbau der Lehrlings- und Jugendkonferenzen der Gewerkschaft auf mindestens Vierteljährlicher Basis! Demnach müssen auch mindestens vierteljährliche Gewerkschaftsversammlungen der Basis in den Betrieben stattfinden um Delegierte aus den Betrieben für die Konferenzen zu wählen. Im Großen sollen die überbetrieblichen Konferenzen stattfinden. Bei diesen sind alle Delegierten mit gleichberechtigtem Stimmrecht. Die Delegierten sollen jederzeit in ihrem Betrieb bei Basisversammlungen der Gewerkschaftsmitglieder abgewählt werden können.
Bauen wir gemeinsam eine revolutionäre Jugendbewegung auf, die von uns Lehrlingen, jungen ArbeiterInnen und Arbeitslosen getragen wird! Eine solche Jugendbewegung kämpft in und außerhalb der Gewerkschaften für die Gleichberechtigung von uns Jugendlichen!
Sie muss gegen jede Form von Unterdrückung und Ausbeutung (auch von Frauen, MigrantInnen, etc.) kämpfen und zum Ziel haben das System zu stürzen, zu zerschlagen mit einer Revolution. Denn das System das uns unterdrückt hat einen Namen: Kapitalismus. Nur so können wir den Kampf gegen die einzelnen Chefs die wir kennen zum Kampf gegen alle Chefs (UnternehmerInnen) machen, weil deren Hauptsinn ist sich auf unsere Kosten zu bereichern. Jeder Profit entsteht auf der Basis unserer Ausbeutung. Bringen wir die Betriebe unter unsere Kontrolle, nehmen wir den Chefs das Recht über uns hinweg zu entscheiden! Marschieren wir gemeinsam zu einem gerechten System, in denen wir Arbeiterinnen und Arbeiter, wir Lehrlinge das sagen haben: den Sozialismus!
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* (wir vereinen in diesem Begriff auch die Angestellten – diese Trennung gibt es in den meisten Ländern ja auch gar nicht)
** Erfahrungsbericht eines Bodenleger-Lehrlings (Moritz), an die Jugendorganisation Red*Revolution weitergegeben.
*** Erfahrungsbericht einer Red*Revolution Aktivistin (Diana) bei einem Kfz-Betrieb in Wien.