Das Pflegegeld – Ausfinanziert?

Von Lisa Pichler

Österreich ist ein Land, in dem es viele pflegebedürftige Menschen gibt. Im Moment sind es über 330.000. Bis 2020 wird es mehr Pflegebedürftige als Kindergartenkinder geben. Einem klaren Geist wird da vielleicht die Diskrepanz zwischen dem Nachwuchs und den zu pflegenden Eltern und Großeltern auffallen.

Da ca. 80% der Pflege in der Familie stattfinden, sollte man sich fragen, welche nicht vorhandene Familie dann in Zukunft pflegen wird? Man möchte meinen, langsam sollte es da ein Umdenken bzw. überhaupt mal ein Nachdenken bei unsrer lieben Regierung geben. Falsch. Die freut sich jetzt erst einmal bis 2014 weitergedacht zu haben. Ist ja schon mal was.

Bund und Länder haben sich ja darauf geeinigt, wie die Pflege bis 2014 ausfinanziert werden soll. Tolle Leistung. Da sind aber die 142 Mio. € die durch das Sparpaket der SPÖVP – Regierung eingespart werden sollen, schon abgezählt. Um das zu schaffen, werden die Anforderungen nach oben geschraubt. Die liebe Oma, die 59 (sic!) Stunden pro Woche auf Hilfe angewiesen ist, kriegt jetzt kein Geld mehr, um die nette Dame vom Hilfswerk oder der Volkshilfe zu bezahlen, die ihr bei so alltäglichen Dingen, wie Haare waschen, Einkaufen gehen, etc geholfen hat. (Ganz nebenbei... dafür hätte auch das Pflegegeld nie ausgereicht).

Pflege zumeist ein Frauenjob

Die Anforderungen wurden soweit verändert, dass es nun schwieriger ist, an Pflegegeld zu kommen. 60 statt vormals 50 Stunden Bedürftigkeit pro Monat sind notwendig, um in die erste Stufe des Pflegegeldsystems aufgenommen zu werden. Viele Menschen verlieren diese finanzielle Unterstützung nun. 70% der zu Hause stattfindenden Pflege wird von Frauen geleistet, also wird wohl die Mama ranmüssen, um die Oma zu pflegen. Dadurch, dass der kleine Zuschuss des Pflegegelds nun wegfällt, wird auch sie, und mit ihr alle Frauen, mehr belastet und diese müssen oft auch ihre Vollzeitstelle bzw. Berufstätigkeit generell aufgeben.

Um diese Einsparungen durchzusetzen, werden Stellen bei der Beurteilung zur Notwendigkeit der Pflege eingespart. Die 280 Stellen, die im Moment existieren, werden massiv eingekürzt werden, wobei Betroffene jetzt schon klagen, das es zu wenige gibt. Im Bereich der Pflege kann sich vieles sehr rasch verändern. Durch Krankheiten werden oft höhere Pflegestufen notwendig, diese makabererweise aber oft erst nach dem Tod bewilligt. So auch der bestürzende Fall einer Krebspatientin, die nicht mehr dazu in der Lage war, alleine zu Essen. Zwei Wochen nach ihrem Tod wurde dann die 24-Stunden Pflege bewilligt. Eine Verhöhnung der Angehörigen!

Verwaltungsreform = Wegrationalisieren!

Die Regierung will durch eine Reform der Verwaltung im Bereich Pflege (= Leute wegrationalisieren) Geld sparen. Wohin wird das führen? Kann man dann stetig damit rechnen, 2 Jahre nach dem Tod eines geliebten Angehörigen zu erfahren, das er jetzt(!) das benötigte Pflegegeld erhält? Doch wie mit dem Problem im Allgemeinen umgehen? Vorsorge aus privater Hand ist in Österreich kaum vorhanden. In Deutschland gibt es dafür eine staatliche Versicherung.

Wir von der RKOB sagen: Pflege darf nicht auf den Schultern einzelner Angehöriger ruhen! Es muss staatlich organisierte und flächendeckende Pflegeeinrichtungen, sowie ein breites Angebot an mobiler Pflege geben Das Pflegepersonal muss eine hochwertige, bezahlte Ausbildung erhalten und entsprechend auch einen hohen Lohn bei angemessener Arbeitszeit (max. 30 Stunden in der Woche)! Gerade im Pflegebereich schadet Burn-Out sowohl den ArbeiterInnen als auch den Patienten! Es muss angestrebt werden, die Pflege zumindest in der Nähe der Angehörigen anbieten zu können. Diese muss gratis jedem von uns zur Verfügung stehen! Das dafür notwendige Geld muss den Banken und Konzernen, durch massive Besteuerung bis zur Enteignung abgenommen werden! Dadurch würden wenigstens die blechen, die die Finanzkrise auch verursacht haben. Die Pflegebedürftigen werden es vom Krankenbett aus kaum gewesen sein!

 


Keine Einsparungen im Pflegebereich! Widerstand aufbauen!

Von Lisa Pichler

 

Immer mehr Details zu dem ominösen Sparpaket der SPÖVP-Regierung sickern durch. Einsparungen bei der Familienbeihilfe, im Bildungsbereich, den Pensionserhöhungen etc. kommen auf die ArbeiterInnenklasse zu.

Auch wenn sich schon Widerstand regt, wird doch viel zu oft auf die weniger präsenten Teile unserer Gesellschaft vergessen, wie diejenigen unter den PensionistInnen, die pflegebedürftig sind, und selten noch die Kraft haben für ihre Rechte die Stimme zu erheben.

Man mag sich, sicher nicht ganz ohne Ironie, die Frage stellen, haben diese Menschen vom Krankenbett aus die Finanzkrise verursacht, oder warum müssen gerade sie dafür zahlen? Zweifellos sind sie nicht die einzigen, die ungerechtfertigterweise für die Krise des Kapitalismus büßen müssen, aber mit großer Wahrscheinlichkeit diejenigen, die am wenigsten gehört werden!

 

Große Belastung

 

Nicht zu vergessen ist, dass hinter den Menschen die gepflegt werden, auch Menschen stehen die diese pflegen. Hierbei ist zwischen mobiler und stationärer Pflege zu unterscheiden. 80% aller Klienten werden mobil betreut, 20% stationär. Stationäre Pflege bedeutet, dass die zu pflegenden Menschen in betreutem Wohnungen leben, und dort vor Ort von Personal betreut werden.

Die mobile Pflege hingegen verfolgt das Konzept, Menschen in ihrer gewohnten Umgebung zu pflegen und diese dort zu versorgen. In Niederösterreich waren im Jahr 2006 allein bei der Niederösterreichischen Volkshilfe in der Mobilen Pflege 650 Personen eingestellt.

Ein weiterer wichtiger Fakt ist, dass fast 54% der Pflegearbeit von Angehörigen erledigt wird. Diese Menschen – zu 90% Frauen – stehen unter enormer psychischer Belastung und sind oft aus zeitlichen Gründen nicht dazu in der Lage einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, geschweige denn, Vollzeit zu arbeiten.

 

Berufsgruppen

 

Es gibt einige Unternehmen und Organisationen, die mobile Pflege anbieten. Dazu zählen unter anderem die Volkshilfe, das Hilfswerk, die Caritas etc.

Es gibt im großen und ganzen zwei verschiedene Berufsgruppen unter den dort Beschäftigten, die diplomierten KrankenpflegerInnen (DKP) und die HeimhelferInnen. DKP's sollten die medizinischen Aufgaben, wie Verbandswechsel, Medikamentengabe etc. erledigen, HeimhelferInnen pflegerische Aufgaben wie beispielsweise Umlagern, Hilfe beim Bekleiden, Waschen u.v.m..

Leider sieht die momentane Lage anders aus. Viele HeimhelferInnen sind überfordert mit ihrer Arbeit und müssen Aufgaben übernehmen, die eigentlich von DKP's erledigt werden sollten. Dies liegt hauptsächlich am großen Personalmangel.

 

Gewerkschaft

 

Meist wird der Beruf der Heimhilfe nicht unbedingt als ein eigenständiger qualifizierter Job angesehen. Das zieht mehrere Probleme nach sich. Durch die geringe gesellschaftliche Anerkennung fällt es den HeimhelferInnen schwer auf ihre teilweise arbeitsrechtlichen, teilweise psychischen Probleme hinzuweisen und sich in einem gewerkschaftlichen Rahmen zu organisieren.

Es ist psychisch schwer belastend, wenn man in einem Bereich arbeitet, in dem einem, brutal gesagt, permanent die Patienten wegsterben. Die Mitglieder der zuständigen Gewerkschaft VIDA werden von Jahr zu Jahr weniger, was aber sicher vielfältige Gründe hat. Viele HeimhelferInnen haben das Vertrauen in die Gewerkschaft verloren.

 

Ein Beispiel

 

So auch die im südlichen Niederösterreich lebende und arbeitende I.T. Sie ist von einer der großen karitativen Organisation unter Vertrag genommen, und hat eine durchaus repräsentative Ansicht den Gewerkschaften gegenüber: „Der Idee einer gewerkschaftlichen Organisierung ist ja an sich interessant und auf keinen Fall abzulehnen. Aber es ist nun mal so, das man keine Ahnung hat, inwieweit es etwas bringen sollte, diesen Beitrag abzutreten und zu zahlen. Immerhin passiert nie etwas, und die Gewerkschaft setzt sich nicht für unsere Interessen ein, oder organisiert Proteste oder sonstiges, zumindest merkt man nichts davon!

Dieses Zitat sollte der Gewerkschaft endlich einmal die Augen öffnen! Die Einsparungen im Pflegebereich treffen nun einmal nicht nur diejenigen Menschen, die pflegebedürftig sind, sondern auch ihre Angehörigen und die, die sie pflegen.

Man darf sich keine Illusionen machen, das Sparpaket, und mit ihm die Kürzungen des Pflegegeldes, wird realistisch gesehen einen enormen Lohndruck in dieser Branche aufbauen. Altenpflege ist ein anspruchsvoller, psychisch belastender Job, der schlecht bezahlt wird, durch das Sparpaket wird sich die Situation mit Sicherheit stark verschlechtern. So kann nicht länger mit den Betroffenen umgegangen werden, seien es Pfleger oder zu Pflegende.

 

Forderungen

 

Wir fordern Betreuung durch qualifizierte, ausgeruhte Beschäftigte, die von ihrem Lohn auch leben können. Dazu müssten im Rahmen eines öffentlichen Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramms viel mehr PflergerInnen ausgebildet und eingestellt werden.

Diese notwendigen Mehreinstellungen sollten durch eine deutliche höhere Besteuerung der Reichen und der Banken finanziert werden. Die Alten haben diese Krise nicht verursacht!

Diese Betreuung soll dezentral in den jeweiligen Regionen passieren. Wir wollen keine Abkapselung von alten Menschen aus der Gesellschaft – eine sinnvolle Integration muss her! Zu pflegende Menschen können schwerlich für ihre Rechte auf die Straße gehen, daran zeigt sich sehr gut die Wichtigkeit des gemeinsamen Kampfes und Widerstands!

Gerade dies ist die Aufgabe der Gewerkschaften! Diese müssen in eine tatsächliche Kampforganisation umgewandelt werden. Die Gewerkschaften dürfen kein abgehobener, passiver und bürokratischer Apparat sein, sondern müssen sich durch demokratische Organisierung vor Ort und einen aktiven Einsatz für die Interessen der PflegerInnen auszeichnen. Dann kann es ihnen auch gelingen, viel mehr KollegInnen in ihren Reihen zu organisieren.