Frage: Hallo, Christian, du bist Mitglied des Streikkomitee im Kärntner Betrieb „Haslinger Stahlbau GmbH“. Im Unterschied zu den anderen Betrieben habt ihr am Montag, den 17.10. gestreikt und sogar den Betrieb besetzt. Warum?
CH: Als wir letzte Woche gestreikt haben, war unser Chef fuchsteufelswild. Er hat gedroht, daß wenn wir streiken, er den Betrieb zumachen und die Produktion in den Standort in Ungarn verlegen würde. Daraufhin haben wir eine Versammlung abgehalten und beschlossen, daß wir uns das nicht gefallen lassen. Wir haben gesagt: So nicht! Wir werden streiken und den Betrieb besetzen, bis geklärt ist, daß der Betrieb nicht zugesperrt wird.
Frage: Ihr habt dann ja auch auf der Betriebsversammlung ein Streikkomitee gewählt.
CH: Genau. Das Streikkomitee besteht aus 7 Personen: dem Betriebsrat, einem Vertreter der Slowenen, einen Leiharbeiter (ein Kollege aus Serbien mit ungarischen Wurzeln), eine Büroangestellte, ein junger Gewerkschaftler, eine weitere Arbeiterin und ich.
Frage: Wie war die Reaktion der Unternehmensseite?
CH: Na ja, zuerst wollte der Chef die Polizei holen. Die haben aber gesagt, daß sie sich da nicht einmischen. Dann hat er den Landeshauptmann Dörfler geholt – du mußt wissen, daß Feldkirchen sein Heimatbezirk ist. Da waren die Kollegen erst recht „heiß“ und haben sich auf einen entsprechenden Empfang des Landeshauptmanns vorbereitet. Als der Dörfler dann uns mit den Werkzeugen in der Hand sah, hat er sofort Reißaus genommen und war eine Wolke. Zum Schluß ist dann ein Vertreter der Zentrale in Wien gekommen und wir konnten eine Einigung erzielen.
Frage: Wie sieht diese Einigung aus?
CH: Unser Streikkomitee hat in den Verhandlungen folgendes Ergebnis erzielt. Wir haben für unseren Betrieb 5.5% Lohnerhöhung bekommen – also mehr als der allgemeine Metaller-Abschluß. Und wir haben eine schriftliche und notariell beglaubigte Zusicherung bekommen, daß der Standort nicht verlegt wird. Diese Einigung wurde bei einem bekannten Kärntner Rechtsanwalt hinterlegt und kann eingesehen werden. Dieses Ergebnis ist eindeutig darauf zurückzuführen, daß wir weiter gestreikt und den Betrieb besetzt hatten. Diese Sprache verstehen die Herren der Wirtschaft recht gut.
Frage: Ist mit dieser Einigung der Konflikt beendet?
CH: Für das erste ja. Aber wir sind natürlich weiter auf der Hut. Deswegen haben wir beschlossen, bis auf weiteres das Streikkomitee nicht aufzulösen, sondern weiter zu machen.
Frage: Wie ist die Reaktion auf den von der Gewerkschaftsführung ausverhandelten KV-Abschluß von 4.2%?
CH: Die Kolleginnen und Kollegen sind total enttäuscht von der Gewerkschaftsspitze. Nicht nur deswegen, wie die 4.2% klar unter der 5.5%-Forderung liegen. Sie sind auch deswegen so wütend, weil in der jetzigen Situation so viel mehr möglich gewesen wäre. Wir hätten einen Massenstreik starten können. Wir hätten den Kampf von uns Metallern mit dem der Handelsangestellten und anderen Branchen zusammenführen und einen Generalstreik organisieren können. Viele Kollegen haben Frauen, die im Einzelhandel arbeiten. Die haben sich erhofft, daß wir den Metallerstreik mit einem Streik der Handelsangestellten verbinden können. Jetzt sind sie über den Verrat der Gewerkschaftsführung wütend.
Frage: Du bist ja auch Aktivist der RKOB und hast unser Flugblatt unter den Kolleginnen und Kollegen verbreitet. Wie war ihre Reaktion?
CH: Ja, viele Kolleginnen und Kollegen haben das Flugblatt gelesen und finden die Forderungen richtig. Einige haben sich dann auch während der Besetzung die Artikel und Videos auf der RKOB-Homepage angeschaut. Viele sind von den etablierten Parteien so enttäuscht daß sie nach einer Alternative Ausschau halten. Viele Kolleginnen und Kollegen sind natürlich sehr skeptisch geworden gegenüber Parteien und beurteilen sie daher weniger nach Worten, sondern nach ihren Taten. Die Stimmung ist auf jeden Fall jetzt so, daß eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen weiter mit der RKOB zusammen arbeiten wollen.
Frage: Was war für dich eigentlich ausschlaggebend, Mitglied der RKOB zu werden?
CH: Ich war lange Zeit SPÖ-Mitglied und wurde dann ausgeschlossen. Für mich liegen die Dinge so: Ich denke, daß der Kapitalismus so rasch wie möglich beseitig werden muß und wir eine sozialistische Gesellschaft brauchen mit einer wirkliche Demokratie von unten – eine Rätedemokratie. Das geht aber nur durch eine Revolution und dafür ist eine revolutionäre ArbeiterInnenpartei notwendig. Deswegen bin ich seit 2 Jahren bei euch dabei.